28. März 2017
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Fresh – Frisch – Frech – Fresch – ja was nun? Von allem etwas in der „Freiburger Rechtschreibschule“! So benannt von Herausgeber Dr. Michel (Oberschulamt Freiburg). Nach einer fast schlaflosen Nacht wachte er auf, so richtig mit „Heureka“! – „Ich habe es gefunden!“ Aber nicht wie dazumal Archimedes in der Badewanne, sondern im Bett! Fresch war geboren – vor über 15 Jahren!

Dabei gab es lange vorher schon die „Buschmann-Methode“, entwickelt von Frau Buschmann, Schulpsychologin in Waldshut. Sie entdeckte, was lange vergessen war: die Silbe als Basis zum Richtigschreiben der Wörter. Sie verband jedoch das Lesen und Schreiben in Silben mit BEWEGUNG. Und das war neu. Und das brachte auch – sogar bei erwachsenen Analphabeten – große Erfolge bei allen Schulkindern, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Richtigschreiben hatten.

Heute wissen wir, wie sehr Bewegung im Unterricht zu nachhaltigem Lernen und Merken führt. Wer sich für den genaueren Hintergrund interessiert, kann im Theorieteil von Fresch – Freiburger Rechtschreibschule, AOL-Verlag nachlesen. Ich möchte mich vor allem im praktischen Feld der Methode bewegen und die erste Fresch-Strategie Silbenschwingen vorstellen Am Ende des Beitrages finden Sie vier Kopiervorlagen zum kostenlosen Download.

Guter Rechtschreiber – schwieriger Rechtschreiber

Fresch beginnt, wenn alle Buchstaben bekannt sind und die Kinder sie lesen und schreiben können. Viele Klassen arbeiten mit Anlauttabellen, was sehr reizvoll ist, weil die Kinder spontan ihre Ideen aufschreiben können. Deshalb sind Zebra und Fresch von Anfang an kompatibel. In der Kombination mit Fresch werden die Kinder auch früh zum Richtigschreiben geführt, vor allem im lautgetreuen Wortschatz.

Wenn wir die Kinder jedoch zu lange alle Wörter nach Gehör schreiben lassen, z.B. Schuferkeufa oder Meikefa (Schuhverkäufer, Maikäfer), wird es für manche Kinder später sehr mühsam zum Richtigschreiben – bei Zebra zum „Erwachsenenschreiben“ – zu kommen. Das berichteten mir häufig Eltern, die bei mir Hilfe suchten, als ich noch in der Schulpsychologischen Beratungsstelle in Freiburg als LRS-Multiplikatorin arbeitete.

Ein guter Rechtschreiber zu sein, hängt von seiner (ererbten) Begabung ab, nicht von Intelligenz. Ein guter Rechtschreiber lernt auch mit einer mangelhaften Methode das Rechtschreiben, weil er den Vorteil hat: er automatisiert schnell die richtige Schreibweise. Ein- zweimal das Wort geschrieben – schon ist es verankert. Er braucht nicht mehr zu überlegen, wenn er es erneut schreiben muss.

Ein „schwieriger“ Rechtschreiber kann nicht auf das Automatisieren zurückgreifen, weil er eine geringere Merkfähigkeit hat. Trotz guter Intelligenz schreibt er montags „Krokodiel“, dienstags „Krokodill“, mittwochs „Kokodiel“, donnerstags…

Bei einem guten Rechtschreiber sind beim Schreiben mehrere Areale im Gehirn aktiv (bildgebende Verfahren belegen das), während beim schwierigen Schreiber weniger Gehirnteile aktiv arbeiten. Fresch hilft nun kompensatorisch durch das synchrone Silbenschwingen – also koordinierte Bewegung mit Sprache – und das synchrone Sprechschreiben in Silben das Gehirn besser zu aktivieren.

Durch die Einhaltung von den vier aufeinander folgenden Strategien bei Fresch wird auch ein schwieriger Rechtschreiber zum automatisierten Rechtschreiber.

Die 1. Fresch-Strategie , mit der wir zwingend im Unterricht beginnen, heißt Silbieren.

Der Start des Silbierens: Wir schwingen unseren Namen

Zunächst schwingen wir die Kinder in einen koordinierten Silbenrhythmus ein. Alle Wörter eignen sich zum mündlichen Silbenschwingen. Wir können also Wörter wählen, die zum nachfolgenden Unterrichtsthema passen. Mit mehrsilbigen Wörtern kommen die Kinder besser in den Bewegungsablauf. Meistens schwinge ich jedoch zuerst die Namen der Kinder: Se-bas-ti-an, Gre-ta, A-me-lie…

Wir schwingen in Schreibrichtung. Der rechte Fuß bewegt sich einen Schritt seitlich, der linke folgt parallel nach, dazu sprechen wir die 1. Silbe „Se“ und führen synchron dazu eine Girlandenbewegung mit den Händen aus. So folgt Silbe auf Silbe.

Weiter gehts: Vielsilbige Wörter schwingen

Manche Kinder haben bei der Koordination schon Schwierigkeiten, was bereits ein Hinweis auf ihre möglichen Schreibprobleme sein kann. Diese Kinder müssen wir beim Silbenschwingen besonders unterstützen (mit ihnen laufen, bei der Koordination helfen).

Nach den Namen schwingen wir weitere Wörter (möglichst vielsilbige):

  • was gibt es zum Mittagessen? –> Spa-get-ti, To-ma-ten-sa-lat, Scho-ko-la-den-pfann-ku-chen…
  • Was findest du im Klassenzimmer? –> Klas-sen-buch, Pa-pier-korb, Ta-fel-krei-de…
  • Was gehört zum Winter? –> Schlit-ten-fah-ren, Vo-gel-fut-ter, Schnee-ge-stö-ber…

Dies sind alles Beispiele für das mündliche Schwingen. Sollen die Kinder Wörter (im synchronen Schreibrhythmus) nach Diktat schreiben, sollten es nur lautgetreue Wörter in der 1. Strategie sein (zur Erinnerung: sonst kommt es zu „Schuferkeufa).

Wörter aufschreiben: Auf die Aussprache kommt es an

Zum Aufschreiben der Wörter spielt eine sorgfältige Artikulation eine wichtige Rolle. Manche Kollegen kritisieren diese genaue Sprechweise, weil wir im Alltag nicht so künstlich sprechen. Aber hier geht es ums richtige Schreiben. Genuschelte Wörter werden auch genuschelt geschrieben. Wenn ich „Ma me la de“ sage, schreiben die Kinder auch so. Deshalb: „Mar me la de“! Fresch spricht von der „Pilot-Sprache“ – ein Pilot darf keine Fehler machen!

Synchrones Sprechschreiben heißt: Die Silben dürfen nicht schneller gesprochen werden, als die Schreibhand schreiben kann. Spreche ich zu schnell, werden Buchstaben ausgelassen, das Wort wird falsch.

Das Ziel des Silbierens: Lautgetreue Wörter richtig schreiben

Etwa 50% des Grundschul-Wortschatzes bestehen aus lautgetreuen Wörtern. Diese Wörter fehlerfrei nach Gehör, bzw. Diktat zu schreiben ist Ziel der 1. Strategie. Sollen die Kinder Texte schreiben, in denen nicht lautgetreue Wörter vorkommen, müssen wir sie unbedingt darauf aufmerksam machen und diese Wörter markieren. Nicht alle Wörter in der Erwachsenen-Sprache sind lautgetreu, nicht alle Wörter können wir durch Schwingen und Silbieren richtig schreiben. Sie können ein ganzes Schuljahr lautgetreu arbeiten ohne dass es langweilig wird, weil es eben eine so große Anzahl von lautgetreuen Wörtern gibt. Und die Kinder haben ein tolles Erfolgserlebnis, wenn sie vorher nie geübte Wörter durch die Silbierungsmethode auf Anhieb fehlerfrei schreiben können, z.B. Unterwasserbadeöl!

Fresch zählt auch die Wörter mit Mitlautverdopplung und „ck“ und „tz“ zu den lautgetreuen. Es hat sich bewährt, die Mitlautverdopplung in etwa so einzuführen:
Ich sammle zuerst mit den Kindern lautgetreue deutsche zweisilbige Wörter (die Betonung liegt immer auf der ersten Silbe):

  • Wa-gen, Mor-gen, Ha-se, Man-tel, Win-ter, Scha-fe, Kin-der, Schu-le, Ro-se, Gra-ben …

Welches Merkmal haben alle 2. Silben gemeinsam? Die Kinder finden das schnell heraus: das „e“! (Das ist wichtig, damit die Schreibweise der 2. Silbe gesichert ist.) Nun erzähle ich, dass heute Morgen die Zimmertür „o fen“ (ich spreche es wie Ofen) stand und zu Hause der „Offen“ ausgegangen war. Die Kinder lachen. Es folgt die Erklärung:

Der König (Selbstlaut) kann sich bei O fen in der 1. Silbe ganz breit machen, nur ihn allein hört man in der 1. Silbe: Ooooooo…fen
Bei „of fen“ kann sich der König nicht ausbreiten, er hat einen Stopper in der Silbe, das „f“. Deshalb klingt dieses Silbe kurz: of…
Weitere Beispiele können sein:

  • Hü-te – Hüt-te
  • be-ten – Bet-ten
  • Tö-ne – Ton-ne
  • Be-sen – bes-ser

Beim Schwingen der Wörter kamen die Kinder auf die Idee, zwischen den Mitlautverdopplungen Luft zu holen, um beide Mitlaute deutlich zu artikulieren:
Wet-(Luft holen)-ter

Wie mit nicht lautgetreuen Wörtern umgehen?

Natürlich kommen wir in Texten, die die Schüler schreiben sollen, nicht ohne Wörter aus den anderen Strategien (Verlängern, Ableiten, Merken) aus. Für mich ist es selbstverständlich, diese Wörter dann zu markieren Schiff, Wald, Bäume, Meer, Klavier usw. und deutlich zu machen: Das müsst ihr noch nicht auswendig schreiben können!

Viele Merkwörter sind jahreszeitlich unverzichtbar: Herbst – Advent – Weihnachten – Silvester – Schneemann – Seeräuber…
Diese Wörter stehen dann auf einem für alle sichtbaren Poster im Klassenzimmer aufgehängt. Wichtige Merkwörter werden schön auf Kärtchen geschrieben und in einer „Schatzkiste“ gesammelt. Damit können die Kinder in der Freiarbeit oder im differenzierten Unterricht spielerisch allerlei Aufgaben angehen:

    • ein Elfchen schreiben
    • ein Haiku schreiben
    • ein Rätsel ausdenken (es ist eisig und weiß…)
    • nach dem ABC ordnen
    • eine Reizwortgeschichte ausdenken
    • ein Cluster (Assoziationsbild) um eine Merkwort bilden:

cluster

  • 5 Wörter im Wörterbuch nachschlagen (Seite benennen)
  • eine Wortfamilie dazu aufschreiben…

Wir wollen die Kinder nicht bremsen, schon früh das eine oder andere Merkwort auf diese Weise zu automatisieren.

Lernzielkontrollen sind auch bei Fresch wichtig

In keinem Lehrplan steht, dass zur Überprüfung der Rechtschreibung Diktate zu verwenden sind. Wenn schon Diktate – sie sind ja eine bequeme Kontrollmethode – dann sollen sie nur die Strategie abverlangen, die im Unterricht eingeführt und trainiert wurde. So gibt es eine Win-Win-Situation für Schüler, Eltern, Lehrer! Es ist nicht immer leicht, einen lautgetreuen Text zu erstellen. Die wenigen notwendigen Wörter aus anderen Strategien schreibe ich an die Tafel. Mit Fresch können wir auch andere Lernzielkontrollen anbieten, z.B. diktiere ich Wortlisten mit mehrsilbigen Wörtern (lautgetreu natürlich) wie Vokabeln. Oder die Kinder malen nur die Silbenbogen unter die Wörter und markieren die Könige oder Mitlautverdopplungen. Oder sie formen einen „komischen Satz“ in richtig silbierte Wörter um:

  • Opasch narch tims essel. (Opa schnarcht im Ses-sel.
  • Mam aback tapf elkuch en. (Ma-ma backt Ap-fel-ku-chen)…

Ähnliche Lernzielkontrollen oder Diktate nach Strategien geordnet finden Sie in den Heften: „Gut in Fresch? Testbögen zur Ermittlung des individuellen Lernerfolgs“ und „Trainingstexte Rechtschreibung für LRS-Kinder“ beides im AOL Verlag.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal erinnern: Während des Trainings in der 1. Strategie „Silbieren“ ist es wichtig, in einer schriftlichen Überprüfung nur lautgetreue Schreibweisen abzufragen. Erst wenn das Kind in der Fresch-Strategie Silbenschwingen keine Fehler mehr macht, kann zur nächsten Schwierigkeit, zur 2. Strategie, übergegangen werden. Nur so garantiert es den Kindern, die nicht über ein automatisiertes Richtigschreiben verfügen, ein Erfolgserlebnis und bereitet Lehrern und Eltern durchaus auch eine große Freude.

Zebra bietet in vielen unterschiedlichen Texten und Übungen eine Fülle von Material im Sinne von Fresch an, so dass unsere Schüler immer wieder motiviert werden können.

Halten wir es wie der Philosoph Ernst Bloch: Wir sollen ins Gelingen verliebt sein und nichts ins Scheitern!

Und wenn Sie und Ihr Kollegium an einem interaktiven Fresch-Workshop interessiert sind, komme ich gern für ca. 2 – 5 Stunden an Ihre Schule. In diesem Zeitraum könnte ich Ihnen auf sehr unterhaltsame, anregende und kompetente Weise (so haben es mir jedenfalls bisher die Kollegen zurückgemeldet) eine Basisfortbildung zu Fresch übermitteln. Vielleicht sehen wir uns bald.

Herzlichst,
Ihre Bettina Rinderle

Zum Artikel der Fresch-Strategie:
Ableiten
Verlängern oder Weiterschwingen
Merkwörter

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