Der erste Elternsprechtag im Referendariat, das erste Gespräch mit Eltern, bei denen ihr erste Probleme ansprechen müsst, das erste Gegenübertreten mit Erziehungsberechtigten, die persönliche Grenzen überschritten haben – immer wieder gibt es erste Male in der Sprechstunde. Um für die „normalen“ als auch die „besonderen“ Gespräche gewappnet zu sein, gibt es hier in den kommenden Wochen ein paar Hilfestellungen, die dabei unterstützen sollen, routiniert und strukturiert durch die jeweiligen Gespräche zu führen. Heute beginnen wir mit der klassischen Elternsprechstunde, deren Ziel sein soll, den allgemeinen Fortschritt und die Entwicklung des Kindes in den Fokus zu rücken.
Beginn der Elternsprechstunde: Einstieg in das Elterngespräch
Macht euch Gedanken über einleitende Sätze, die für die aktuelle Situation passen. Ich habe mir meine damals bei meiner Betreuungslehrkraft abgeschaut und finde, dass er mich und auch die Erziehungsberechtigten gut in das Gespräch hineinführt: „Hallo, schön, dass Sie da sind. Sie haben sich um einen Termin bei mir bemüht. Gibt es ein konkretes Anliegen?“
Auf diese Weise haben die Eltern direkt die Chance, eine Frage oder ein Anliegen vorzubringen, ohne lang um den heißen Brei zu reden. Geht es ihnen rein um den aktuellen Stand des Kindes, blickt man oft kurz in leere Gesichter und kann das aber direkt mit dem nächsten Satz auffangen: „Also wenn es nichts Konkretes im Moment gibt, ist das ja umso besser, dann schauen wir uns einfach mal an, wie es gerade bei [Name einsetzen] im Unterricht läuft.“
Sozialverhalten und Stärken
Danach startet ihr zuerst mit einem positiven Feedback, das gerne mittels eines Beobachtungsbogens die Stärken des Kindes in den Vordergrund hebt. Benennt dabei das Verhalten des Kindes im Unterricht, sein oder ihr Sozialverhalten Mitschülern gegenüber und die Zuverlässigkeit, was das Erledigen von Klassendiensten anbelangt.
Weitere Themen können dabei sein: Werden die Hausaufgaben regelmäßig abgegeben? Wie ist die äußere Form, wie der Inhalt? Auch Beobachtungen des Kindes auf dem Pausenhof beispielsweise zeigen, dass ihr Interesse am Kind habt und ein breites Bild seines Sozialverhaltens beobachtet.

Die schulischen Leistungen
Im Anschluss werden die schulischen Leistungen des Kindes besprochen. Dabei stützen ihr eure Argumente durch konkrete Beispiele. Zeigt Leistungsnachweise und bietet eine detaillierte Übersicht über die einzelnen Noten mit Datum und der Bandbreite der Noten über schriftliche und mündliche Leistungsnachweise.
Bewegt sich das Kind immer im oberen Bereich einer bestimmten Note oder nur knapp über der schlechteren? Zeigt Verbesserungen und Verschlechterungen und benennt konkret, wo in bestimmten Fächern die Stärken oder Schwächen liegen. Nutzt dafür immer anschauliche Beispiele, die im Unterricht oder bei Hausaufgaben entstanden sind.

Zielformulierungen und gemeinsame Lösungsstrategien
Formuliert gemeinsam mit den anwesenden Erziehungsberechtigten Ziele, die kleinschrittig erreicht werden können. Überfordert sie nicht und steckt erreichbare kleine Ziele, an denen in den kommenden Wochen bis zum nächsten Termin gearbeitet werden kann. Darüber hinaus könnt ihr auch langfristige Ziele stecken, die beispielsweise bis zum Halbjahr oder zum Schuljahresende erreicht werden sollten.

Zeit für Fragen
Sind die oben genannten Punkte alle abgearbeitet, bietet den Eltern erneut Raum für Fragen. Oftmals hilft es, nach einem solchen Gespräch nochmals die Ergebnisse zusammenzufassen. Sollten dabei weitere Fragen aufkommen, nehmt euch noch einmal ausreichend Zeit. Für die Erziehungsberechtigten ist vieles neu und muss erst verarbeitet werden.

Das Ende der Elternsprechstunde: Die Verabschiedung
Bedankt euch für die Zeit, die die Erziehungsberechtigten sich für euch und für die Entwicklung ihres Kindes nehmen. Vereinbart gegebenenfalls einen erneuten Termin in der nahen Zukunft, um erste Zielvereinbarungen gemeinsam zu beleuchten und weiteres Feedback geben zu können.

Denkanstoß zu einer Erweiterung der Elternsprechstunde
Viele Lehrer empfinden es als ungewöhnlich, die Schülerinnen und Schüler bei einem solchen Gespräch mit ins Boot zu nehmen. Doch spätestens seit Lernentwicklungsgespräche in vielen Schulen Einzug gehalten haben, öffnet sich die Tür für Kinder im Eltern-Lehrer-Gespräch immer weiter. Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, die Kinder selbst auch ins Gespräch oder in Teile davon mit einzuladen. Sie geben oft zuverlässiger Auskunft über ihre Schwierigkeiten und können bei Zielvereinbarungen gemeinsam mit den Eltern überlegen, wie sie diese erlangen können und in welchem Rahmen sie umgesetzt werden könnten. Wenn es bei Eltern und Kindern knirscht, sobald gemeinsam Hausaufgaben oder Lernaufgaben zu bewältigen sind, könnten auch Verwandte oder ältere Geschwister ein Schlüssel zu mehr Harmonie beim Lernen sein. Gemeinsam finden sich solche Lösungen oftmals schneller. Auch fühlen sich die Kinder dabei ernst genommen und sind sich eher ihrer Verantwortung bewusst. Und ist beim nächsten Termin dann schon ein Meilenstein erreicht, ist die Freude bei den Kindern umso größer. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die anwesenden Schülerinnen und Schüler direkt das Lob von Lehrkraft oder Eltern hören.
Im Anhang gibt es für die Übersichtlichkeit ein kleines Protokoll für das klassische Gespräch, dass ihr gerne heranziehen könnt. Es soll euch dabei helfen, relevante Informationen über das Kind strukturiert und übersichtlich zu erfassen. Dadurch kann das Gespräch effektiv und zielgerichtet verlaufen. Der Bogen ist editierbar und kann an das jeweilige Fach angepasst werden.
Viel Freude damit
eure Julia
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