Im dritten und letzten Teil meiner Serie zu Eltern-Lehrer-Gesprächen widme ich mich einem Thema, das in vielen Fällen besonderes Fingerspitzengefühl erfordert: dem Fördergespräch. Ziel ist es, gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten geeignete Unterstützungs- und Fördermaßnahmen zu entwickeln, um mögliche Lernrückstände frühzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern.
Eltern haben nicht immer einen vollständigen Einblick in das schulische Lernen ihres Kindes. Daher kann es vorkommen, dass sie einen plötzlichen Leistungsabfall oder Schwierigkeiten in bestimmten Bereichen noch nicht wahrgenommen haben. Aus diesem Grund ist es ratsam, bereits in der Einladung zum Gespräch den Anlass transparent zu benennen. So können sich die Eltern vorab ein Bild von der Situation machen.
Vorbereitung des Elterngesprächs
Eine sorgfältige Vorbereitung ist essenziell, um im Fördergespräch auf alle Fragen eingehen zu können. Relevante Unterlagen sollten griffbereit, übersichtlich und nach chronologischer Reihenfolge sortiert sein. Wichtige Passagen können farblich markiert oder mit Notizzetteln versehen werden, um das Gespräch strukturiert zu führen und unnötige Suchzeiten zu vermeiden.
Für die Analyse des Lernstandes sollten folgende Aspekte dokumentiert sein:
- Notenübersicht
- Notizen zum Arbeitsverhalten und zur mündlichen Beteiligung
- Hausaufgabenerledigung
- Besondere Stärken und Schwächen
Konkrete Beispiele helfen den Eltern zu verstehen, worin der Förderbedarf besteht. Dazu können Klassenarbeiten, mündliche Beiträge oder Unterrichtsbeobachtungen herangezogen werden. Zudem ist es ratsam, bereits über mögliche Fördermaßnahmen nachzudenken: Welche schulischen Angebote gibt es? Wie können Eltern im Alltag unterstützen? Welche externen Hilfen stehen zur Verfügung?

Rahmenbedingungen für das Fördergespräch schaffen
Ein klar definierter zeitlicher Rahmen von maximal 30 Minuten verhindert, dass das Gespräch abschweift. Die Eltern sollten im Vorfeld wissen, ob sie auf eine Einzelbesprechung mit der Klassenlehrkraft treffen oder ob weitere Fachlehrkräfte oder Schulsozialarbeiter beteiligt sind. Zu viele Anwesende können bei Eltern das Gefühl erzeugen, überfordert oder unter Druck gesetzt zu werden. Daher sollte die Zusammensetzung der Gesprächsrunde wohlüberlegt sein.

Der Gesprächsablauf
Ein positives Gesprächsklima ist der Schlüssel zu einer konstruktiven Zusammenarbeit. Ein freundlicher Einstieg kann so formuliert werden:
„Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Ich freue mich, dass wir gemeinsam darüber sprechen, wie wir (Name des Kindes) bestmöglich unterstützen können. In den Bereichen XY hat er/sie sich bereits positiv entwickelt.“
Anschließend wird auf die Bereiche eingegangen, in denen Verbesserungsbedarf besteht. Eine sachliche, neutrale Darstellung mit konkreten Beispielen ist hier entscheidend. Ein guter Ansatz ist es, Schwächen mit bereits vorhandenen Stärken zu verknüpfen:
„Mir ist aufgefallen, dass (Name des Kindes) beim schriftlichen Arbeiten Schwierigkeiten hat, Gedanken klar zu strukturieren. Gleichzeitig zeigt er/sie in mündlichen Diskussionen sehr gute Ansätze. Wir könnten versuchen, diese Stärke gezielt zu nutzen, indem wir vor schriftlichen Aufgaben eine mündliche Strukturierung üben.“
Danach werden die Eltern aktiv in die Lösungsfindung eingebunden:
„Wie erleben Sie das zu Hause?“
„Teilen Sie diese Einschätzung oder haben Sie andere Beobachtungen gemacht?“
„Wäre es für Sie machbar, zu Hause beim Strukturieren der Hausaufgaben zu unterstützen?“
Eltern brauchen Raum, um ihre Sichtweise zu schildern, ohne unterbrochen zu werden. Dabei sollten auch ihre Bedenken und Gefühle ernst genommen werden.

Blick nach vorne
Sind konkrete Maßnahmen festgelegt, sollten klare Vereinbarungen getroffen werden, beispielsweise ein Follow-up-Termin nach vier Wochen. Falls notwendig, können weitere Unterstützungsangebote, wie Jugendsozialarbeit oder Lernförderprogramme, als mögliche Perspektiven angesprochen werden.
Ein motivierender Abschluss stärkt die Zusammenarbeit:
„Ich bin mir sicher, dass (Name des Kindes) mit unserer gemeinsamen Unterstützung Fortschritte machen wird. Vielen Dank für Ihr Engagement und Ihre Offenheit."

Mögliche Stolpersteine beim Fördergespräch
Nicht alle Eltern reagieren verständnisvoll auf Hinweise zu Lernschwierigkeiten. Hier einige typische Reaktionen und mögliche Antworten:
- „Mein Kind hat kein Problem!"
„Ich verstehe, dass das für Sie überraschend ist. Lassen Sie uns gemeinsam anschauen, wo genau die Schwierigkeiten liegen."
- „Das müssen Sie besser erklären!"
„Selbstverständlich liegt es an uns Lehrkräften, den Stoff verständlich zu vermitteln. Gleichzeitig benötigt Ihr Kind auch Unterstützung bei der Motivation und den Hausaufgaben. Gemeinsam können wir viel erreichen."
- „Wir wissen nicht, wie wir helfen können."
„Das müssen Sie nicht alleine bewältigen. Wir können gemeinsam gezielte Lernpläne oder Übungen erarbeiten."
- „Das Problem ist in zwei Wochen gelöst!"
„Lernen ist ein Prozess, der Zeit braucht. Kleine Fortschritte werden uns zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Fazit
Fördergespräche bedeuten nicht nur, Defizite aufzuzeigen, sondern können auch Chancen für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler bieten. Eine frühzeitige, gezielte Förderung kann ihnen helfen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.
Ich hoffe, dass diese Anregungen helfen, Fördergespräche zielgerichtet, wertschätzend und erfolgreich zu führen.
Viel Erfolg bei Gesprächen aller Art
Julia Priller
Hinterlasse einen Kommentar