22. Februar 2021
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Auf euren Wunsch hin gibt es nun die Zebra Schreibtabelle mit Lautgebärden. Die Bilder der Gebärden sind mit Links zu den Lautgebärdenvideos versehen. In der ersten Variante für den Gebrauch am PC, Tablet oder Phone sind die Videos direkt online verlinkt. Für den Fall, dass die Schreibtabelle ausgedruckt benutzt werden soll, haben wir die online verfügbaren Videos in einer zweiten Variante mit QR-codes eingebunden. Dafür mussten wir die Türme der Schreibtabelle vereinzeln.

Ihr habt die Lautgebärden im Blog zu einem wichtigen Thema erklärt – Grund genug, sich noch einmal ausführlich damit zu befassen.


Wer profitiert von den Lautgebärden und was bewirken sie?

Lautgebärden sind Hilfswerkzeuge beim Lesen- und Schreibenlernen und wurden ursprünglich vor allem in der sonderpädagogischen Förderung und in der Lerntherapie eingesetzt. Mittlerweile haben sie jedoch Einzug im schulischen Unterricht erhalten. Und das hat gute Gründe:

Multisensorisches Lernen steigert den Lernerfolg und die Motivation

Beim Lesen- und Schreibenlernen mit Lautgebärden werden durch das simultane Sprechen, Bewegen, Hören, Fühlen und Sehen mehrere Sinneskanäle gleichzeitig aktiviert. Je mehr Sinne parallel an Lernprozessen beteiligt sind, desto leichter machen wir es dem Gehirn, den Lernstoff zu verstehen und abzuspeichern. Der Lernerfolg wird gesteigert. Und Erfolge motivieren die Lernenden.

Außerdem ermöglichen Lautgebärden einen spielerischen Zugang zum Schriftspracherwerb und machen die Vermittlung des Lernstoffs somit interessanter. Dazu erhaltet ihr weiter unten noch einige praktische Tipps.

Lautgebärden helfen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund

Sicher habt ihr schon beobachtet, dass eure Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sich beim Verschriften einiger Laute oft schwerer tun. Das liegt daran, dass das Lautsystem und die Artikulationsweisen in ihrer Erstsprache sich zum Teil von unserem Lautsystem und unseren Artikulationsweisen unterscheiden. Deutlich wird dies zum Beispiel bei der Differenzierung von kurzen und langen Vokalen, besonders bei „e“ und „i“. (Höre ich gerade ein „o ja!“?) Vielfach wird der Unterschied der beiden Laute gar nicht herausgehört, beispielsweise, weil es in der Erstsprache keine Unterscheidung zwischen kurzen und langen Vokalen gibt. Für diese Kinder ist der Einsatz von Lautgebärden im Anfangsunterricht (und darüber hinaus) sehr hilfreich.

Lautgebärden helfen Kindern mit auditiven Wahrnehmungsstörungen oder Artikulationsproblemen

Auch Kinder, die Probleme mit der Artikulation, also logopädischen Förderbedarf haben oder solche, die das Gehörte nicht gut auditiv verarbeiten können, profitieren von den Lautgebärden.

Durch die simultane Darstellung des Lauts mittels Sprache und Lautgebärde bekommt der auditive Lernkanal einen visuellen Hilfskanal, mit dem Hörverarbeitungsschwierigkeiten kompensiert werden können.  Lautgebärden machen die Lautbildung nachhaltig spürbar und sichtbar.

Der Sprechbewegungsablauf und der Artikulationsort werden bewusster wahrgenommen und das kinästhetische Gefühl stärker ausgebildet.

Die Muskelarbeit von Hand und Finger bewirkt, dass der Lautklang sich im Gedächtnis besser verankert als ein reiner „flüchtiger“ Sprachlaut.
Gerade bei der phonemischen Durchgliederung von Wörtern (Buchstabieren) wird der Prozess der Lautwahrnehmung und Artikulation nicht nur verlangsamt und dadurch nachhaltiger erlebt, sondern der einzelne Laut selbst auch intensiver wahrgenommen. Das stärkt die phonologische Bewusstheit.

Nützliche Links


Wie kann ich mit Lautgebärden im Unterricht arbeiten?

Das Wichtigste zuerst: Mit unserer neuen Zebra Schreibtabelle mit Lautgebärdenfotos und Videos ist das Erlernen der Lautgebärden ein Klacks! Auch für Lehrerinnen und Lehrer!  Wenn ihr mit einem Smartboard ausgestattet seid, könnt ihr euch sogar mit den Kindern zusammen Laut für Laut erarbeiten.

Mein Tipp: Beginnt mit den Vokalen und mit den Konsonanten m, n r, s, t und l, weil sie am häufigsten vorkommen, damit ihr schnell mit Wörtern arbeiten könnt.

Führt die Buchstaben der Zebra Schreibtabelle gleich mit den Lautgebärden zusammen ein, so können eure Schülerinnen und Schüler von Anfang an vom mehrkanaligen Lernen profitieren und festigen die Laut-Buchstabe-Zuordnung schneller und nachhaltiger! Und es ergeben sich von Anfang an viele spielerische Möglichkeiten für die Arbeit mit der Schreibtabelle und für die Festigung von Laut-Buchstabenzuordnungen.  Wenn ihr die Lautgebärden als „Geheimsprache“ oder „Geheimzeichen“ einführt, dann macht es den Kindern besonders viel Freude, zu entschlüsseln, welcher Laut oder welches Wort gerade gezeigt wird. (Das motiviert übrigens auch lernstarke Schülerinnen und Schüler.)

Der zeitliche Aufwand scheint erst einmal größer zu werden durch die Hinzunahme der Lautgebärden, aber er lohnt sich wirklich. Es dauert meiner Erfahrung nach übrigens nicht wirklich viel länger, weil die meisten Kinder dieses haptische Werkzeug sehr viel schneller verinnerlichen als das abstrakte Schriftzeichen. Ihr erarbeitet für die Kinder damit ein wirklich brauchbares Hilfsinstrument, mit denen ihnen das Lesen- und Schreibenlernen insgesamt erleichtert wird.

Je weiter die Kinder sind, desto weniger werden die Lautgebärden in der Regel notwendig sein. Ihr könnt sie langfristig dann vor allem zur Diskriminierung ähnlich klingender Laute oder ähnlich aussehender Grapheme hinzunehmen. Beispielsweise im Diktat oder bei Schreibübungen, wenn ihr seht, dass ein Kind diese Laute gern verwechselt.

Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen oder mit längerfristigen Lese- Rechtschreibschwierigkeiten könnt und solltet ihr die Lautgebärden langfristig nutzen.


Vorschläge für Übungen und Sprachspiele

Buchstaben-, Silben und Wortdiktate

Setzt die Lautgebärden bei kleinen Diktaten ein. Entweder, indem ihr sie unterstützend zur Artikulation nutzt oder indem ihr ein reines Lautgebärdendiktat schreiben lasst. Hier können die Kinder sehr gut die Rolle des Diktierenden übernehmen. Gebt ihnen ein Wort oder ein Bild in die Hand und los geht’s! Vielleicht beobachtet ihr im Vergleich, dass Kinder, die vorher Schwierigkeiten mit der Verschriftung des Gehörten hatten, nun plötzlich Erfolgserlebnisse haben. Dann wisst ihr sicher, wie hilfreich die Lautgebärden für diese Kinder sind. Probiert es aus!

Wortdetektive: Wie heißt das Wort?

Ein Kind erhält eine Bild- oder Wortkarte. Es soll das Wort mit Lautgebärden zeigen. Die anderen raten, welches Wort gesucht wurde, je nach Lernziel entweder mündlich oder indem er/sie das Wort an die Tafel schreibt.

Variation:

Teilt eure Klasse in vier Gruppen auf. Jede Gruppe erhält drei bis vier größere Karten und einen dicken Stift zum Schreiben. Ihr zeigt ein Wort (bis zu dreimal) mit Lautgebärden und die Gruppen schreiben in Teamwork das Wort auf das Blatt. Jeder richtige Buchstabe zählt einen Punkt. Die Gruppe mit den meisten Punkten hat gewonnen. Mithilfe eines Lösungswortes (an der Tafel oder von der Gruppe, die es richtig hat) können die anderen Gruppen ihr Wort ggf. verbessern.

Kleine Anweisungen mit Lautgebärden geben

Wenn die Kinder schon viele Lautgebärden kennengelernt haben, könnt ihr kleine Karten erstellen mit kurzen Anweisungen. Zum Beispiel: „Klatsche!“ oder „Weine!“ oder „Lache!“ Ein Kind zeigt das Wort (oder den Satz) und ein anderes muss diese Anweisung ausführen.

Das „Galgenmännchenspiel“ mit Lautgebärden

Viele von euch kennen das sog. Galgenmännchenspiel. Ein wenig makaber, aber die Kinder lieben es. (Es lässt sich auch ohne Weiteres ohne Galgen spielen. Zeichnet einfach einen Menschen ohne Galgen und zieht ihm dafür noch Schuhe und einen Schal an.)

Das Prinzip geht so: Jemand denkt sich ein Wort aus und malt so viele Striche, wie das Wort Buchstaben hat. Die anderen Kinder raten nun, welche Buchstaben das Wort enthält. Jeder richtig geratene Buchstabe wird eingetragen, für jeden falschen wird ein Attribut für das Männchen/Frauchen gezeichnet. Vorher müsst ihr vereinbaren, aus welchen Attributen dieses Wesen zusammengesetzt ist. Wenn das Wesen fertig gezeichnet werden kann, haben die Kinder verloren. Wenn es nicht fertig wurde, hat der/die Spielleiter-in verloren.

Nutzt dafür die Wörter der Zebra-Schreibtabelle. So könnt ihr sie zugleich spielerisch festigen. Wenn die Kinder genügend Buchstaben der Schreibtabelle als Lautgebärden kennen, dann kann dieses Spiel hervorragend statt mit artikulierten Lauten mit Lautgebärden gespielt werden. Dabei können sowohl der/die Spielleiter-in, der/die das Wort ausgedacht hat, als auch die Ratenden Lautgebärden nutzen.

Noch ein Tipp für das Homeschooling:

Ich poste in unserem Klassenpadlet immer das Wort des Tages, indem ich es als Audiodatei hinterlege (zusammen mit einer PDF-Datei, die die Lösung enthält.) Etwas Ähnliches lässt sich mit Lautgebärden als Wochen- oder Tagesrätsel umsetzen. Ihr könnt einen Buchstaben, eine Silbe oder ein Wort mit Lautgebärden darstellen lassen und die Kinder sollen in den Kommentaren die Lösung aufschreiben. Nach einer vereinbarten Frist löst ihr das Rätsel auf.

(Wem das zu öffentlich ist, der/die verschickt sein Rätsel per E-Mail.)


Mit diesen kleinen Impulsen habe ich hoffentlich eure Fantasie angeregt. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wenn ihr noch andere Ideen habt, wie ihr Lese- und Schreibaufgaben und -spiele so variieren könnt, dass die Lautgebärden miteinbezogen werden, schreibt uns gern!

Ich wünsche euch viel Erfolg und viel Freude mit unserer Lautgebärden-Schreibtabelle!

Anja Ley


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