Bewegtes Lernen – Ein ganzheitliches Fitness-Training für Grundschulkinder
Wir wissen es schon lange, vergessen es aber immer wieder einmal, dass Bewegtes Lernen:
- Spaß macht
- die Sinne anregt
- mehrkanalige Lerngänge bahnt
- zum Lernen motiviert
- die Wahrnehmung schärft
- auf spielerische Weise Lerninhalte nahebringt
- die Lerninhalte nachhaltig verankert
und vieles mehr bewirkt.
Gerade in diesen Zeiten ist der Unterricht – ob zu Hause oder in der Schule – sehr „sitzlastig“. Die Kinder trainieren vorwiegend die Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen, denn Sportunterricht und Musik sind weitgehend gestrichen. Bewegung im Klassenzimmer muss durch Bewegung im heimischen Umfeld ersetzt werden.
Theater preisen Poesie-Vorlesungen durch Schauspieler an. Das könnten wir unseren Kindern auch kostenlos anbieten: Vorlesegeschenke von kleinen Gedichten, Geschichten und Märchen mimisch begleitet über den Monitor. Vielleicht haben auch die Eltern Spaß daran und wir Kolleginnen und Kollegen sowieso.
Die Bewegungen, die unseren Unterricht begleiten können, sollen ja nicht den Sportunterricht ersetzen. Aber sie lockern Körper und Geist.
Es ist kein Hexenwerk, die oft kleinen, achtsamen Bewegungen vorzumachen, ob für den Bildschirm oder im Klassenzimmer: Finger kneten, Hände reiben, sich biegen, strecken, beugen, bewusst laufen, auf Zehen, Ballen oder Kanten.
„So tun als ob-Spiele“ (wie ein Tiger durch den Urwald schleichen… wie ein Entdecker mit der Lupe über den Waldboden suchen… die Ohren kneten und reiben, als wären sie ganz steif gefroren…) – das tut auch uns Lehrerinnen und Lehrern gut!
Wer jeden Tag mit der FRESCH-Methode arbeitet, hat ja schon eine ordentliche Portion bewegtes Lernen garantiert mit dabei – vor allem in der 1. Strategie, dem mitsprechenden Silbenschwingen.
Das 10-Minuten Fitness-Ritual
Um das längere Sitzen am Arbeitsplatz – sei es vor dem Bildschirm, vor dem Arbeitsblatt oder dem Buch – aufzulockern wirkt sich schon eine bewegte, kreative Unterbrechung positiv aus, die nur wenige Minuten dauert. Es bietet sich das folgende ca. 10-minütige Ritual an:
- Körperbewegung (grobmotorisch)
- lockere Spaßaufgabe aus dem Fresch- oder Zebra-Programm
- kreative und/oder bildnerische Verarbeitung (feinmotorisch)
- Achtsamkeits- und Persönlichkeit stärkende Übung
„Übersetzt“ könnte das so aussehen:
„Bevor du am Computer oder Arbeitsbogen oder Buch arbeitest, steige auf deinen Stuhl und springe mit ausgebreiteten Armen hinunter als würdest du von einem hohen Turm in die Welt herabfliegen. Wiederhole das 10-mal – du darfst auch laut ‚Juchhei’ rufen!“
(Aufgabe zu 1)„Lies genau und male…“ z.B. Zebra 2 Arbeitsheft Lesen/Schreiben;
Sophie und Noam lassen ihre Drachen steigen.
Noam trägt eine blaue Pudelmütze.
Sophie hat einen grünen Schal um den Hals…
(Aufgabe zu 2 und 3)
Oder: Mein FRESCH-Kreativ-Heft:
Male die Bögen unter die zusammengesetzten Nomen und zeichne sie dann: Kopfsalat – Sonnenbrille – Regenwurm – Bildschirm …
(Aufgabe zu 2 und 3)
Oder:
Wähle dir drei Schlangenwörter aus einer Liste, schreibe sie mitsprechend auf und male die Bögen dazu, z.B.:
Nothusten – Minutenbauchschmerzen – Einmaleinsallergie…
Oder zerschneide mit einer Schere die Schlangenwörter in lauter Silben.
Übung: „Lege deine Stifte oder deine Schere hin. Stütze deinen linken Ellenbogen mit der rechten Hand ab und klopfe dir kräftig auf die rechte Schulter. Wechsle dann zur linken Schulter. Das Klopfen macht dich frei, beweglich und selbstbewusst. Wiederhole das ruhig mehrmals am Tag!
(Aufgabe zu 4)
Vorschläge zu 1) – Körperbewegungen:
- gähne 10-mal ausgiebig und strecke dich nach allen Seiten – laufe 4-mal rückwärts diagonal durch den Raum – tu so, als ob du wie ein Pferd über Hindernisse springst – tu so, als ob du einen Teller Suppe vorsichtig durch den Raum trägst – verneige dich 10-mal wie ein berühmter Künstler ganz tief vor deinem Publikum – krabble 10-mal unter deinem Stuhl durch…
Vorschläge zu 2/3) – den Zebra- und Fresch-Aufgaben
In allen Zebra-Heften zum Lesen und zur Spracharbeit, sowie in allen Fresch-Heften gibt es zahlreiche Aufgaben, bei denen Lesen und Schreiben mit Malen, Raten, Gestalten, Schneiden usw. verbunden sind. Die Aufgaben sollten aber in kurzer Zeit zu bearbeiten sein, damit der Anreiz einer kurzen Spaßaufgabe erhalten bleibt, z.B. die Arbeit mit Schlangenwörtern.
Silbierendes Sprechschwingen von Schlangenwörtern
Bewege dich bei der 1. Silbe seitwärts einen Schritt, die Füße bleiben parallel nebeneinander, gleichzeitig schwingen deine Arme einen Silbenbogen und gleichzeitig sprichst du die Silbe „Kin“ – so folgen die weiteren Silben mit der gleichzeitigen Bewegung von Füßen, Armen und dem gleichzeitigen Sprechen „der – spie – le“.
Wenn du die Schlangenwörter schreibst, sprich beim Schreiben jede Silbe gleichzeitig mit, sprich nicht schneller als du schreiben kannst, mache nach jeder Silbe eine Pause und setze die i-Punkte oder t-Striche.
Male am Schluss die Silbenbögen unter die Wörter.
Im folgenden findest du interessante Listen, mit denen du solche Schlangenwörter üben kannst. Denke daran:
Diese tägliche Übung soll nie länger als ein paar Minuten dauern!
Schlangenwörter-Liste von lustigen Pflanzen
Knollenpflaume
Nasenradieschen
Zopfgurke
Hasenblümchen
Stacheltomate
Rumpelkirsche
Schlaraffenbirne
Hornpampelmuse
Giftblasenkraut
Lügenrettich
Senfschuppengras
Flügelmelone
Mottenkürbis
Borstenkastanie
Quasselstrauch
Löffelpalme
Drachennuss
Pickelpetersilie
Schlangenwörter-Liste von lustigen Tiernamen
Kragenkröte
Konfettiraupe
Pfützenmade
Quietschforelle
Krümelameise
Tintenschnecke
Muffelgiraffe
Wüstenqualle
Stolperhörnchen
Quarkhamster
Klammerhecht
Kapuzenstorch
Stacheltaube
Ringelkarpfen
Kürbismotte
Hornigel
Schlangenwörterliste von Schimpfwörtern
du blöder Blaupantoffel
du dämliche Dumpfbacke
du miese Milchschnitte
du sturer Stinkpilz
du krause Knödelnase
du langweiliger Lumpenschnabel
du tierische Trantante
du fiese Luftpumpe
du blödes Rumpelmonster
du dämlicher Kragenbeutel
du miese Spuckzwiebel
du alte Schrumpfgardine
du tranfunzelige Quarktasche
du verrückte Brülltomate
du …
Schlangenwörter-Liste extra lange Schlangenwörter
Eisenbahnschienenreparaturarbeiten
Mobiltelefonanrufe
Wolkenkratzerfensterputzerbürste
Zipfelmützenwichtelwitze
Zahnspangenreinigungsdüsen
Monsterspinnenausflüge
Papierkugelwurfgeschosse
Kaugummiautomatenhersteller
Kalenderblättersprüche
Schlossgespensterabenteuer
Morgenmelodieweckeralarm
Kürbismarmeladenkochtöpfe
Puppenkleiderwäscheleine
Gartenhausdachdeckergehilfe
Klobürstenwaschanlage
Winterstiefelschnürsenkelknoten
Schwarzfahrerüberraschungskontrolle
Bewegung mit den Strategien Verlängern, Ableiten und Merkwörtern
Wenn du einen Partner hast, kannst du dein Bewegungstraining zur Strategie Wörter verlängern mit ihm gemeinsam üben. Dazu braucht jeder von euch den Bogen mit den Verlängerungswörtern.
Ihr setzt euch gegenüber und einer fängt an. Er liest dem anderen irgendein Wort aus der Sammlung vor, z.B. „Knall“.
Der andere bildet die Verlängerung. Dabei steht er bei der 1. Silbe auf und spricht „knal“; bei der 2. Silbe sagt er „len“ und setzt sich wieder hin.
Dann kommt er dran und nennt seinem Partner ein anderes Wort aus der Auswahl: „Griff“ – „Grif“ (aufstehen) „fe“ (hinsetzen)
Vorschläge zu Verlängerungswörtern:
Stall – Wald – Witz – schnell – Berg – Fass – schlimm – Ball – Block – rennt – schwimmt – Bad – Kamm – Feld – soll – Wind – Schwamm – bellt – Fell – Kuss – Schloss – Druck – Klotz – spuckt – brüllt – Zwerg – muss – Schiff – still – Reh – Blitz – Schrank – Werk – lobt – toll – schmeckt – Rad – Fleck – Schmuck – Kuh – füllt – Grab – voll – Korb – Lob…
Wenn du einen Partner hast, kannst du auch die Strategie „ableiten“ mit ihm üben. Aus den unten stehenden Wörtern liest einer ein beliebiges Wort vor, der andere soll das darin enthaltene „ä“ anzeigen. Das geschieht damit, dass er die Arme und Hände in die Luft streckt wie ä-Striche. Er sagt dazu:
„Zähne (Arme in die Höhe) kommt von Zahn (Arme wieder runter);
‚fällt’ (Arme hoch) kommt von ‚fallen’ (Arme runter),
‚Räuber’ (Arme hoch) kommt von ‚rauben’ (Arme runter)“ usw.
Vorschläge zu Ableitungswörtern mit „ä“:
Blätter – Schwämme – Schätze – Männer – Länder – Räder – Wände – Gänse – Klänge – Schnäbel – Bänder – Nächte – Häuser – Mäuse – Träume – Läufer – Fäuste – Käufer – er gräbt – sie bläst – es hält – er schläft – sie trägt – es quält – Gemälde – Gebäude – Gespräch – Säugling – Hängematte…
Und nun wollen wir die Merkwörter in der letzten Strategie in Bewegung bringen. Auch hier gibt es wieder eine mögliche Auswahl für die Kinder aus der sie in Partnerarbeit ein beliebiges Wort auswählen. Das andere Kind soll dann zum Merkmal die entsprechende Bewegung ausführen:
- Bei einem Wort mit „V/v“ erfolgt das Victory-Zeichen mit den Fingern,
- bei „ß“ – mit dem Fuß stampfen,
- bei „h“ die Dehnung mit den Armen horizontal weit ausgestreckt anzeigen,
- bei aa,ee,oo doppelt in die Luft hopsen,
- bei langem „i“ den Mund breit ziehen und das „i“ langgezogen sprechen,
- bei chs/gs die Hände „verwurschteln“ wie beim Händewaschen,
- bei sonstigen Besonderheiten über die man stolpern kann, soll die Bewegung des Stolperns erfolgen, also bei „ai“, „dt“ „ä“ (das nicht abzuleiten geht („Träne“), „th“, „ph“ „y“.
A fragt den Partner: „Wie schreibt man Klavier?“
B: sollte antworten: „Mit ‚v’ – und dabei das Victory-Zeichen machen.B fragt den Partner: Wie schreibt man „Mais“?
A antwortet: Mit „ai“ – und macht eine Stolperbewegung.
Bei rechtschreibschwachen Kindern benutzen wir zur Unterstützung oft die „Lautgebärdensprache“. Jedem Laut wird eine Bewegung zugeordnet. Das unterstützt die Merkfähigkeit nachweislich. Daraus entstammt für mich die Idee der Bewegungszuordnung bei Merkwörtern.
Vorschläge zu Merkwörtern:
Stuhl – wachsen – Gelee – Verein – Mehl – Schnee – Maschine – mehr – Seeufer – Bohne – Gruß – Revier – Höhle – Fuchs – wir – Spaß – Säge – wohnen – Vollmond – Pechvogel – Delfin – Ohrring – Fußball – Seeungeheuer – zehn – Beerensaft – Lawine – Honigbär – Krokodil – Wasserhahn – fleißig – Kaffee – Kapitän – Marienkäfer – Möhre – Gefühle – Vulkanausbruch –November – brav –Meerschweinchen – Moosblume – Nerven – geheimnisvoll – süß – zahlreich –hohl – nervös – tagsüber – Süßspeise – Katastrophe – Bratensoße – Leergut – Medizin…
Zu diesen Merkwörtern müssen zwei Bewegungen ausgeführt werden!
Vampir – Labyrinth – Stadttheater – Teermaschine – Käsesäge –Beerenbär – Großvater – Schneelawine – Einbahnstraße – Zoohühner – Tigerhaare – Bohnenbeet – verwechseln – Fahrstuhl – Maiskäfer – Privatbahn – Straßenlärm – Pyramide – Verwandte – Krokodilstränen …
Persönlichkeitsstärkung mit der Krönchen-Übung
Zur 4. Aufgabe, der Persönlichkeitsstärkung, möchte ich noch eine Qi-Gong Übung vorschlagen, die bei den Kindern sehr beliebt ist:
Die Krönchen-Übung
„Stehe fest auf deinen Füßen als wären dir Wurzeln gewachsen, die dich mit der Erde verbinden.
Richte deine Wirbelsäule gerade auf, der Kopf ist weder gesenkt noch gehoben.
Dein Blick ist geradeaus nach vorne gerichtet.
Lass Schulter und Arme lose hängen so dass unter den Achselhöhlen etwas Luft durchstreichen kann.
Stell dir nun vor, dass du ein unsichtbares Krönchen auf dem Kopf trägst.
Es macht dich kostbar und einmalig.
Mit diesem Krönchen auf dem Kopf, das für andere unsichtbar ist, das du aber spürst, kannst du nun alle Aufgaben und Herausforderungen selbstbewusst und stolz anpacken.
Um diese selbstbewusste Haltung zu üben, gehe ein paar Schritte durch den Raum und schau die Menschen um dich lächelnd an.
Aber Vorsicht! Das Krönchen darf nicht hinunterfallen – also den Kopf nicht beugen oder überstrecken.
Genieße das Gefühl, wertvoll zu sein!“
In diesem Artikel konnte ich nur einige Aufgaben vorstellen. Aber vielleicht habe ich ein wenig Appetit auf mehr gemacht?
Vergessen wir nicht: Jeden Tag ein ordentliches Quantum an Bewegung, kreativem Tun und Selbststärkung erfahren, und das alles mit nur wenigen Power-Minuten, das sollten wir unseren Kindern zukommen lassen. Und versprochen: Alle haben viel Spaß und Erfolg dabei.
Bettina Rinderle
Downloads
Dazu passt:
Weiterführende Literatur:
- AOL Verlag „Mein Fresch-Kreativ-Heft“
- AOL Verlag „Und zwischendurch Qi Gong!“