2. September 2019
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Let’s move, denn Stillsitzen war gestern!

Früher versuchten Pädagogen noch den Bewegungsdrang der Kinder zu unterdrücken, da Umherlaufen im Klassenzimmer nur stören würde. Die Disziplinierung (sowohl der Kinder, als auch des Körpers) war damals vordergründig. Das Verständnis vom Lernen hat sich jedoch deutlich gewandelt. Gerade im Zuge der Ganztagsschulen, deren Nachfrage und Popularität stetig steigt, gewinnt der Aspekt, dem Bewegungsdrang der Kinder gerecht zu werden, an Bedeutung. Hinzu kommen noch die gesellschaftlichen Veränderungen und die unserer Umwelt, wie steigender Medienkonsum, Reglementierung von Freizeit, sowie Bebauung und Verkehrsdichte. Diese Faktoren schränken die Kinder, sich selbst in Bewegung zu erfahren, immer mehr ein.
vgl. BZgA (Hrsg.) (2013): Unterricht in Bewegung, Köln, S. 13

Denn für die kindliche Entwicklung ist Bewegung nun mal von elementarer Bedeutung. Bewegung hilft den Kindern sich und ihre Umwelt zu erfahren und zu begreifen.

Dies zeigt sich bereits im Säuglingsalter. Bezogen auf die kindliche Entwicklung und speziell des Lernens hat Bewegung eine lern-, und entwicklungsbegleitende Funktion, sowie eine lern-, und entwicklungserschließende Funktion.
https://www.uni-marburg.de/fb21/ifsm/ganztagsschule/schulmaterial/workshop, zuletzt aufgerufen am 21.07.2019

Letztere verbindet die Lernaufgabe  unmittelbar  mit  Bewegungsaktivitäten, d.h. die Größe eines Raumes erschließt sich mir unmittelbar durch das Gehen im Raum oder das Gewicht eines Gegenstandes erschließt sich mir, wenn ich das Gewicht körperlich gespürt habe.


Bewegung ist also ein Teil des ganzheitlichen oder mehrkanaligen Lernens und enorm wichtig für eine gesunde kindliche Entwicklung. Das Bewegung eine lern-, und entwicklungserschießende Funktion hat, ist demnach nachvollziehbar. Unter einer lern-, und entwicklungsbegleitenden Funktion verstehen wir, eine allgemeine Bewegungsaktivierung, in Form von

  • Bewegungspausen,
  • bewegter Lernorganisation oder Lernorte
  • und bewegtes Mobiliar.

Es geht also darum mehr Bewegung in Form von Bewegungsspielen und -pausen in Schule und Unterricht zu integrieren, um das Lernen positiv zu beeinflussen. Im normalen Schulalltag fällt es jedoch manchmal schwer mehr Bewegungsanlässe zu schaffen. Dies kann vielseitige Gründe haben.

Zebra Stuhl

Neben dutzenden organisatorischen Dingen, die wir Lehrkräfte an einem Schulvormittag im Unterricht erledigen (z.B. Post verteilen, Geld einsammeln) und dadurch natürlich auch Zeit einbüßen, fehlen uns manchmal schlichtweg die Ideen für mehr Bewegungsspiele oder -einheiten, bzw. sind uns diese nicht mehr präsent.

Mit diesem Beitrag möchte ich für mehr Bewegung im Klassenzimmer sensibilisieren und euch Ideen für kurze Bewegungsspiele im Unterricht vorstellen, bzw. Bekanntes wieder in Erinnerung rufen.


Franz in Bewegung begleitet den Unterricht

Gerade durch die Öffnung von Unterricht gelingt es uns, Arbeitsformen einzuführen, die ein differenziertes Arbeiten an unterschiedlichen Aufgaben mit unterschiedlichen Materialien an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlicher Sozialform erfordern. Offener Unterricht und ein Klassenraum mit einer anregenden Lernlandschaft, bringen also per se schon Bewegung mit sich. Denn je nach Lernaufgabe muss ich also meinen Arbeitsplatz wechseln, mir einen Lernpartner suchen, Material besorgen usw. In immer mehr Klassen oder Grundschulen werden sogar flexible oder mobile Sitzeinheiten geschaffen, so dass ein starres Sitzen am Tisch nicht unbedingt notwendig ist.

Für ein dynamisches Sitzen sorgen u.a. Sitzbälle, Sitzkissen, Stehpulte und dergleichen. Lesen ist zum Beispiel eh viel gemütlicher, wenn man sich bequem hinsetzen oder sogar -legen kann. Auch Schreiben oder Abschreiben kann liegend oder kniend ausgeführt werden. Dazu wird sich gerade in den sozialen Netzwerken ganz kreativ ausgetobt. Eine Entwicklung, die mir sehr gefällt!

Lernen kann natürlich auch an unterschiedlichen Orten im Klassenraum und im oder außerhalb des Schulgebäudes stattfinden. Der Wechsel zwischen diesen schließt natürlich auch wieder Bewegung mit ein, die den Lernprozess unterstützt.

Kleine Bewegungspausen in den Unterricht einzubetten, kann durch

  • Bewegungslieder,
  • Spiele
  • oder auch Massagen mit Noppenbällen

realisiert werden. Kinder der Schuleingangsphase, benötigen jedoch noch mehr Bewegungsanlässe, um somit den eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden. Vielleicht sind die unten aufgeführten Ideen etwas für eure Lerngruppe?

Das Material könnt ihr am Ende des Beitrages kostenlos herunterladen.


Ein Aktivierungsspiel mit den Bewegungskarten von Franz

Einen solchen Aktionswürfel mit Einstecktaschen gibt es von diversen Lehrmittelherstellern, und kann vielfach im Unterricht und in unterschiedlichen Fächern eingesetzt werden. Für die kleine Bewegungspause mit Franz, kann man den Würfel mit den Bewegungskarten bestücken.

Für den Einsatz des Würfels sitzt die Klasse zusammen im Sitzkreis. Ein Kind, vielleicht der Assistent des Tages, beginnt den Würfel zu rollen und die Karte mit der Bewegung, die beim Erliegen nach oben zeigt, wird dann von allen Kindern ausgeführt, wie bspw. den Hampelmann. So können sich die Kinder recken und strecken und ihrem natürlichen Bewegungsdrang nachgehen. Ein weiteres Kind wird anschließend ausgewählt und rollt den Würfel und das gleiche Prozedere beginnt von neuem.

Eine weitere Variante im Kreis wäre, noch einen weiteren Würfel mit Augenzahlen hinzuzulegen, so dass immer zwei Würfel gerollt werden müssen. Die Augenzahl entscheiden dann, wie oft die jeweilige Bewegung dann ausgeführt werden muss.

Natürlich könnt ihr noch mehr Schwung in das Bewegungsspiel einbauen, wenn ihr zum Beispiel die Runden variieren lasst. Mal sind nur die Jungs an der Reihe und laufen auf Zehenspitzen, das nächste Mal die Mädchen, danach alle Kinder mit schwarzen Haaren usw. Bewegung und Spaß für zwischendurch sind so unkompliziert umzusetzen.

Zebra Aktivierungsspiel Würfel

Abb.: Vanessa Thiel


Das Rad dreht sich weiter – Franz im Bewegungsglück

Das nächste Spiel ist das Bewegungsglücksrad. Man kann es auf DIN A3 ausdrucken und laminieren, also als Klassenexemplar, oder man druckt das Rad aus und schneidet die einzelnen Teile passend für ein stabiles Glücksrad aus Holz aus und klebt diese auf. Für die laminierte (oder stabile Pappvariante) Variante, müsst ihr dran denken, dass ihr den Pfeil bzw. Zeiger ebenfalls aus stabilem Material herstellt und dieser nicht auf der Scheibe aufliegt, da er sich sonst nur schieben und nicht drehen lässt. Im Internet gibt es auch preiswert Drehpfeile (Spinner) aus Kunststoff im Klassensatz zu kaufen, die sich für derartige Spiele sehr gut eignen.

Ich setze das Glücksrad zum Beispiel manchmal ähnlich wie die Bewegungskarten des Aktionswürfels ein, also ein Kind dreht das Rad und alle führen dann die Bewegung aus, auf der der Zeiger stehen bleibt. Also Einsatz als kleine Bewegungspause. Öfter jedoch benutze ich es um den Reisemodus der Kinder zu bestimmen. Das ist bei mir die Art und Weise, wie die Kinder in oder aus dem Kreis bzw. an ihren Platz gehen, wie sie das Frühstück holen oder sich aufstellen. Dies sind Situationen, die wir ja täglich mehrfach haben, und anstatt das Frühstück auf ganz normale Weise zu holen, hüpft man zum Beispiel einmal auf einem Bein zum Spind (bzw. zum Ranzen). Das Frühstück hat man sich danach definitiv verdient! Bewegung und Spaß sind hier also garantiert.

Bewegung Glücksrad

Bewegungsglücksrad

Ich hoffe ihr habt nun Lust auf Bewegung bekommen und vor allem die Ideen in eurer Klasse umzusetzen! Im nächsten Beitrag geht es weiter mit Bewegung in Schule und Unterricht und deren Funktionen. Auf euch warten weitere Beispiele, wie Bewegung das Lernen begleiten kann. Als Download gibt es u.a. ein bewegtes Lesekettenspiel.

Also klickt wieder rein and keep moving!

Herzlichst, Vanessa Thiel


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