1. Januar 2012
3

Ich hätte auch noch eine ganz andere Frage, auch wenn die nicht zum Thema passt: Wie gehen Sie eigentlich beim freien Schreiben damit um, dass die Kinder am Anfang sehr viele Rechtschreibfehler machen? Muss man das nicht von Anfang an korrigieren, damit sich keine falsch geschriebenen Wörter einprägen? Und was sage ich den Eltern am Elternabend dazu?

M. Bellmann


Hinter der Vermutung, dass sich im ersten Schuljahr falsch geschriebene Wörter einprägen könnten, steckt die zum Teil bis heute noch hartnäckig vertretene „Wortbildtheorie“ von Bormann aus dem Jahr 1840.

Auch heute wird im Rechtschreibunterricht noch oft reines „Abschreiben“ gelehrt, damit die Kinder nicht fehlerhaft schreiben und sich damit diese „falschen“ Worte einprägen. In verschiedenen Studien wurde jedoch nachgewiesen, dass das Lesen von Richtigschreibungen nicht automatisch zur richtigen Schreibung der Wörter führt. Daraus kann man folgern, dass auch das Schreiben von falschen Wörtern sich nicht einprägt.

Zebra verfolgt den Ansatz, dass jedes Kind auf der jeweiligen Lernstufe, auf der es sich befindet, ausreichend Erfahrungen machen muss und darf, um auf die nächste Stufe zu gelangen. Je ausgeprägter und intensiver die Arbeit auf der entsprechenden Stufe ist, desto stabiler ist das Fundament für den nächsten Lernschritt.

Viele Kinder kommen ja bereits mit vielfältigen Erfahrungen aus der Vorschulzeit in die Schule. Manche Kinder haben jedoch noch wenige Erfahrungen mit Schrift. Hier müssen die Kinder abgeholt werden. Von Beginn an muss auf die individuelle Lernentwicklung und -ausgangslage wertgelegt werden. Mit manchen Kindern startet man mit dem Zebra-Vorkurs, um eine gute Grundlage zu schaffen, andere legen gleich mit der Schreibtabelle und dem Buchstabenheft („Autoheft“) los.

Durch das Verschriften von Wörtern und ersten kleinen Sätzen können die Kinder die Schrift erfahren. Die Verweildauer auf dieser Stufe ist individuell verschieden. Wenn die Kinder ausreichend Erfahrungen gemacht haben und die Schreibungen der Kinder immer vollständiger werden, dann kann man Stück für Stück die Kinder in die Zebra-Strategien (Arbeitsheft Sprache 1/2; „Ballonheft“) einführen. Keine Silbe ohne König ist zum Beispiel eine Hilfe, die eigenen Wörter und Sätze vollständiger zu schreiben. Die Einführung der Ausnahme „Großschreibung“ hilft den Kindern ebenfalls auf dem Weg zur orthographisch richtigen Schreibung. Immer weiter durchdringen die Kinder unsere Schriftsprache und gelangen mehr und mehr von ihrer „Kinderschrift“ zur „Erwachsenenschrift“, wo die Kinder hinkommen wollen.

Den Eltern zeige ich am Elternabend und auch in Elterngesprächen immer wieder den Verlauf der Schreibfähigkeit ihrer Kinder anhand der Diagnosematerialien aus dem Lehrerband Klasse 1. Ich führe die gleichen Lernstandsdiagnosen in Klasse 1 mehrmals durch und kann den Eltern zeigen, wie die Kinder immer mehr Strategien bei ihren Schreibungen anwenden, die sie sich beim Umgang mit den Lauten und den Schriftzeichen angeeignet haben.

Danke!
3 Personen haben sich für diesen Beitrag bedankt.
Klicke aufs Herz und sag Danke.