Seit mehreren Wochen herrscht eine Ausnahmesituation – auch im Schulbereich. Plötzlich muss das Lernen zu Hause funktionieren. Das will wohldurchdacht sein und stellt eine große Herausforderung sowohl für Lehrerinnen und Lehrer als auch Eltern dar. Meine ersten Gedanken als Lehrerin waren: Die Schüler müssen jetzt unter erschwerten Bedingungen beweisen, dass sie selbstständig sind und das von jetzt auf gleich. Da ich weiß, dass viele meiner Schüler kein eigenes Zimmer haben, musste eine Anleitung her, mit der sowohl die Eltern genau wissen, was zu tun ist und auch die Kinder motiviert sind, selbstständig zu arbeiten.
Die an uns Lehrkräfte gestellten Ansprüche in dieser Zeit sind vielfältig. Wir versuchen, den Eltern die Last der Beschulung nicht zusätzlich aufzutragen, die Kinder selbstständig zu machen, sie weiterhin erfolgreich zu fördern und dabei ihre Motivation zu erhalten. Das stellt auch für uns eine Mammutaufgabe dar, aber es gibt einige Tipps und Tricks, die helfen können, das ganze ohne Ärger und Missmut zu bewältigen.
Hier findet ihr die Tipps, die ich meinen Eltern und Kindern an die Hand gegeben habe. Vielleicht könnt ihr diese als Lehrkraft an die Familien weitergeben.
Der Arbeitsplatz
Noch bevor mit der Arbeit begonnen werden kann, ist es wichtig, sich eine gute Atmosphäre und Lernumgebung zu schaffen. Damit wären wir beim ersten und einem der wichtigsten Punkte:
Schafft für die Zeit der Schularbeiten dem Kind einen ruhigen, ordentlichen Arbeitsplatz. Das kann sowohl am Küchentisch als auch im Kinderzimmer oder im Wohnzimmer sein.
Wichtig ist, dass es ein aufgeräumter Ort ist, an dem das Kind ungestört arbeiten kann. Ausschließlich die Materialien zur Ausführung der Aufgaben des aktuellen Tages, das Federmäppchen und etwas zu trinken sollten sich dort befinden.

Zeit und Struktur
Eine weitere Hilfestellung kann der Wecker oder eine Eieruhr sein. Ich habe für jede der Aufgaben eine bestimmte Zeit vorgegeben, so haben die Eltern als „Vertretungslehrer“ und auch die Kinder eine Richtschnur, wie lange die Aufgaben dauern werden und können fokussiert daran arbeiten. Wenn es diese Zeitangabe nicht gibt, ist es für die Kinder eine gute Übung in Selbsteinschätzung. Sie können sich vor jeder Aufgabe ein zeitliches Ziel setzen, währenddessen ganz konzentriert daran arbeiten und danach überprüfen, wie gut das geklappt hat. Mit jeder Runde werden sie besser, versprochen!
Am besten wird gleich am Morgen nach dem Frühstück mit der Arbeit begonnen, dann bleibt die Struktur der Schule erhalten und am Ende der Arbeitsphase liegt vor den fleißigen Lernern noch ein strahlender Nachmittag, der mit Basteln und Spielen verbracht werden kann.
Und das führt mich gleich zum nächsten Punkt:
Die Pausen
Nach jeder erledigten Aufgabe im Wochenplan darf diese mit Schwung abgehakt werden und man darf sich mit einer kleinen Pause belohnen. Die Kinder können in der Pause auf die Toilette gehen, eine Kleinigkeit essen, aus dem Fenster schauen oder ein kleines Bild malen. Tabu sind in den Pausen aber digitale Medien, die würden die Konzentration wieder schmälern. Auch ausgiebig gelobt werden darf und da können die Eltern tapfer unterstützen.
Ich sage den Schülerinnen und Schülern immer, dass sie sich selbst loben sollen, kräftig auf die Schulter klopfen können und sich sagen dürfen, dass sie es toll machen. Das Selbstlob ist auf Dauer mehr wert als das Lob von außen, weil man sich dabei nicht betrügt, sondern selbst anspornt, weiterhin fleißig zu sein. Aber die Eltern dürfen natürlich auch kräftig loben und wertschätzen, dass ihr Sprössling so fleißig bei der Arbeit ist.

Der Wochenplan
Die meisten Lehrkräfte helfen ihren Schülern beim Lernen zu Hause durch einen Wochenplan. Dabei ist für mich sehr wichtig, dass er ausführlich ist. Nicht der kurze, knappe Plan, der aussieht, als wäre er schnell abgehandelt, sondern ein großer, ausführlicher Plan ist es bei mir geworden und ich bin der festen Überzeugung, dass der meiner Klasse am besten hilft. Im Plan verlinke ich auch Erklärvideos aus dem Internet, verweise auf bestimmte Heft- und Buchseiten und schreibe Erklärungen auf, die so auch als Hefteintrag dienen können. Mir ist es ein Anliegen, neben den Kernfächern auch stets Material für Musik, Kunst und Englisch bereitzuhalten. Diese Fächer bereiten den Kindern erfahrungsgemäß sehr viel Spaß und sollten auch im Wochenplan nicht ausgespart werden. Der Plan ist nach Tagen und Fächern strukturiert und dabei ist ein wichtiger Bestandteil auch die Planbarkeit: Jede Aufgabe ist für einen bestimmten Tag eingeplant, das gilt es auch genau zu befolgen, weil die Bereiche aufeinander aufbauen.
Wenn natürlich an einem Tag die Verzweiflung groß und alles doof ist, kann man auch am nächsten weitermachen und einen Pausentag einlegen, das ist der Vorteil, wenn die Mama und nicht der Lehrer Chef ist.
Freitags gibt es bei mir dann stets die Lösungen, ich nenne sie den „Checker“. Diese sind von mir am Tablet mit Hand auf liniertem oder kariertem Papier geschrieben, dass die Kinder einen genauen Abgleich haben, wie das Ganze im Heft auszusehen hat und auch die Eltern können die Heftführung gut vergleichen und eventuell in der Folgewoche gesteigerten Wert auf die Form legen. Denn auch diese ist eine wichtige Grundlage für das selbstständige Lernen.
Auszug eines Wochenplans (zum Vergrößern anklicken), Autorin: Julia Priller
Mama, Papa, ich brauche Hilfe!
Natürlich ist nicht von Beginn an jede Aufgabe sofort verständlich, auch wenn wir Lehrerinnen und Lehrer uns sehr bemühen, alles selbsterklärend zu gestalten. An die Eltern gilt hier: keine Panik! Meistens ist es nur eine kleine Unsicherheit und es hilft dem Kind bereits, wenn es die Aufgabe noch ein- oder mehrmals laut vorliest. Dann kann man gezielt nachfragen, was bei der Arbeitsanweisung schon verstanden wurde. Oft kommt das Kind dann ganz von selbst auf die Lösung und ist glücklich, Unterstützung bekommen zu haben, die vielleicht auch gar keine war. Wenn aber trotzdem noch Fragen offen sind, kann man sich meist schon mit einem Blick in das Schulbuch oder das Heft behelfen. Hefteinträge und Merkkästen in den Büchern erklären normalerweise die Aufgaben noch einmal ganz genau.
Die meisten Lehrkräfte stehen auch für Telefon- oder Skypesprechstunden oder Erklärungen per Mail bereit und unterstützen ihre Schülerinnen und Schüler gerne, denn auch uns ist von Herzen daran gelegen, dass alle gut zurechtkommen und mit Freude arbeiten.
Als letzten Hinweis an meine Eltern habe ich Ihnen mitgegeben, sich doch auch einfach mal für zehn Minuten neben ihr Kind zu setzen und es so richtig zu loben. Das spornt noch einmal richtig an und wenn man genau hinsieht, sieht man die Kleinen direkt ein paar Zentimeter wachsen. Diese paar Minuten Vertrautheit helfen den Kindern auch in der Schule sehr, bauen Selbstvertrauen auf und geben Mut und Kraft, bei den nächsten Aufgaben wieder richtig durchzustarten.
Mama, Papa, mir ist fad!
In den meisten Bundesländern sind noch Osterferien und viele Lehrerinnen und Lehrer versuchen, die Kinder dann von Aufgaben freizuhalten. Für ganz besonders fleißige Lerner hält der Zebrafanclub genug Material bereit, um auch in den Ferien fit im Köpfchen zu bleiben. Die Jüngsten können das Vorlesen und selbst Lesen üben und parallel auch das Zuhören trainieren. Die etwas Größeren arbeiten am Wortschatz zu frühlingshaften Begriffen und auch beim Schreiben von Geschichten und dem Anfertigen dazu passender Bilder bleiben die Schreib- und Lesefertigkeiten fit und der Tag behält seine gewohnte Struktur. Und Mama und Papa freuen sich sicherlich über eine selbstgeschriebene Geschichte über den Frühling, ganz bestimmt! Auch mit den Apps des Klett-Verlags können sich die Kinder stets auf dem neuesten Stand halten. Und für die kleine Bewegungspause dazwischen sorgt der liebe Franz!
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