25. Oktober 2021
192

Schule im Wandel

Unsere Bildungslandschaft befindet sich im digitalen Wandel. Die Corona-Pandemie hatte uns vor Augen geführt, welch große Bedeutung das digital unterstützte Lernen hat und welche Chancen sich für die Weiterentwicklung von Unterricht dadurch ergeben. Unsere Aufgabe ist es, den Grundschulkindern das Wissen über und den Umgang mit digitalen Medien näher zu bringen – ihre Medienkompetenz zu schulen.

In den anglikanischen Ländern und in Skandinavien ist man im Bereich der digitalen Bildung schon weiter. Die dortigen Curricula sehen feste Bildungsziele hinsichtlich der digitalen Bildung vor. Beispielsweise ist dort in der Grundschule auch schon das Schreiben mit der Tastatur implementiert. In Finnland wurde darüber hinaus die Schreibschrift aus den Lehrplänen durch das Schreiben auf der Tastatur bereits 2016 ersetzt. Welchen Weg wird Deutschland gehen?

Es bleibt spannend diese Entwicklung zu beobachten und zu begleiten. Mit diesem Beitrag möchte ich einen Anstoß geben, das digital unterstützte Lernen weiterzudenken.


Tippen statt Schreiben mit der Hand?

Ohne Frage hat das Schreiben mit der Hand, gegenüber dem Tippen auf der Tastatur, im Grundschulunterricht einen viel höheren Stellenwert – zu Recht. Denn das Lesen- und Schreibenlernen ist eine Kulturtechnik, die die Kinder zu selbstständigen Lernern heranführt. Dazu muss man sich bewusst machen, welche enorme kognitive Leistung unser Gehirn beim Schreiben vollbringt. Ferner spielt die visuelle und sensomotorische Verarbeitung eine große Rolle, denn Buchstaben, die wir mit der Hand schreiben, müssen aus dem Gedächtnis heraus korrekt „gezeichnet“ werden. Während unsere Hand den Stift führt und die Buchstaben in der richtigen Abfolge schreibt, kontrolliert unser Auge mit. Dies geschieht zwar etwas langsamer, als wenn man auf einer Tastatur geübt schreibt, aber dafür lernt unser Gehirn, dass es wichtiger ist Fehler zu vermeiden. Denn Korrekturen beim Schreiben mit der Hand sind aufwändiger als das Löschen der Buchstaben am Computer. Der Anspruch an unser Gehirn ist also weitaus größer als das Tippen oder Wischen auf den digitalen Geräten. Ferner haben Studien gezeigt, dass wir Wörter/Sätze oder gedankliche Konstrukte besser behalten und verstehen, wenn wir sie mit der Hand aufschreiben. Unser Gehirn hat nämlich beim Schreiben mehr Zeit das Geschriebene zu verarbeiten und abzuspeichern, als wenn man es auf einer Tastatur eintippt. Das ist nicht nur bei Kindern so, sondern auch bei uns Erwachsenen.

Nichtsdestotrotz halte ich das Schreibenlernen an einer Tastatur für wichtig und sinnvoll. Gerade im Hinblick auf die Zukunft, in der der Umgang mit dem Computer für nahezu jeglichen Beruf Voraussetzung sein wird. Keineswegs aber soll das Tippen die Schreibübungen mit der Hand, ob Druck- oder Schreibschrift, ersetzen oder deren Bedeutung mindern. Mit diesem Beitrag möchte ich schlichtweg Übungen zeigen, wie man diese neue Kulturtechnik spielerisch in den Grundschulunterricht integrieren kann. Die Kinder erhalten so eine erste Orientierung auf einer Computertastatur und schulen ihre Medienkompetenz im Bereich Bedienen und Anwenden, gemäß der Handlungsfelder der KMK.


Das Kennenlernen der Tastatur

Ich hatte so einige Ideen ein Tipp-Training am Computer in meinen Unterricht mit einzubauen. Dazu gibt es auch diverse kostenlose und kostenpflichtige Programme bzw. Online-Anwendungen im Internet. Das Problem, welches ich hatte und euch vielleicht bekannt ist, ist dass wir nur eine Medienecke mit zwei Computern pro Klassenraum haben, wir also über verschwindend wenig Hardware verfügen, um einen Computereinsatz im Unterricht für alle einzubetten. Ein Computerraum, den man mal für ein oder zwei Stunden in der Woche buchen kann, wäre für mein Projekt hilfreicher. Leider gibt es an meiner Schule so einen Raum nicht. Dafür sind wir zwar in der glücklichen Lage über einige iPads zu verfügen, jedoch halte ich ein Tippen auf der virtuellen Tastatur für Kinder nicht für sinnvoll. Es besteht zwar die Möglichkeit einen Klassensatz externer Tastaturen anzuschaffen, jedoch ist die Arbeit an diesen, ohne Maus und mit einem nicht-Standard-Textverarbeitungsprogramm unpraktisch.

iPads oder Tablets halte ich für großartige Endgeräte, um sich kreativ mit digitalen Medien auseinander zu setzen und bspw. ein Medienprodukt, wie Hörspiel, Stop-Motion-Film, digitales Buch etc. zu erstellen. Es ist aber ungeeignet, um Textverarbeitung zu lernen, um Wörter/Textstellen zu markieren, fett oder kursiv zu setzen, um Druckfunktionen kennen zu lernen u.v.m. Da bevorzuge ich die Arbeit an Laptop oder PC.

Um die Kinder an die Tastatur heranzuführen, hängt in meinem Klassenraum über der Medienecke das Plakat einer Tastatur, welches ihr hier als kostenlosen Download erhaltet. Dieses gibt Hinweise auf die wichtigsten Tasten, wie zum Beispiel die Eingabetaste, Shift-Taste etc. und deren Bedeutung. Die Kinder können sich so das Tastaturlayout besser einprägen und die wichtigsten Tasten schneller finden und deren Bedeutung verstehen. Eine farbliche Zuordnung erleichtert das Finden und Merken der Tasten. Für die Arbeit an den Tipp-Aufgaben ist das Plakat eine wichtige Visualisierung! Dies habe ich mir groß ausdrucken lassen. Man kann es aber auch selbst drucken und zusammenkleben!

Medienkompetenz erlangen im Handlungsfeld Bedienen und Anwenden

Tastaturplakat und -kärtchen zum Anpinnen an die Tafel, Foto: Vanessa Thiel, Köln


Möglicher Ablauf eines Tipp-Trainings:

Wie lässt sich nun trotz mangelnder Hardware ein Tastaturtraining integrieren? Trotz des Dilemmas hinsichtlich der Ausstattung an unseren Schulen, habe ich versucht ein kleines Tipp-Training für meine Klasse zu organisieren. Das konnte ich auch nur in den Lernzeiten und im offenen Anfang realisieren, in der jedes Kind einen Zeit-Slot (10 Minuten) am Computer hat!  Im Laufe von zwei bis drei Wochen arbeiteten die Kinder sukzessive an verschiedenen Tipp-Trainingsaufgaben (analog und digital). Ihren Arbeitsfortschritt konnten die Kinder in einem kleinen Pass festhalten, der den Fortschritt bzw. die Reihenfolge des Trainings protokolliert. Dieses Faltbüchlein steht euch als Anregung, wie weitere Materialen, am Ende des Beitrags kostenlos zur Verfügung. Nachfolgend findet ihr eine Auswahl meiner Aufgaben aufgelistet, die selbstverständlich nur als Inspiration dienen und keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben.

Die nachfolgenden Tipp-Trainingsaufgaben waren von mir in den Wochenplan eingetragen, sowie in dem Arbeitspass (Faltbüchlein) festgehalten:

  1. Kennenlernen der wichtigsten Tasten mit Namen und Bedeutung (s. Download)
  2. Eintragen fehlender Buchstaben und Zeichen auf Tastaturausdrucken (s. Download)
  3. Wähle 10 Nomen aus deiner Wörterliste aus und tippe sie ab. Achte auf die Großschreibung und trenne sie mit einem Komma ab. Drucke deine getippten Wörter aus! Beachte natürlich deine Computerzeit!
  4. Suche aus der Wörterliste jeweils 4 Wörter mit den Buchstaben ß, ä, ö und ü Tippe sie am Computer und füge mit der Eingabetaste immer eine Zeile Abstand ein. Drucke deine getippten Wörter aus.
  5. Schreibe nun 5 lustige Sätze mit Zahlen in dein Schreibheft. Zum Beispiel: 10 Zebras ziehen 20 Zähne. Schreibe deine 5 Sätze nun am PC. Achte auf die Großschreibung und die Satzzeichen!
  6. Spiele das Spiel „Flizzys Zeichenchaos“ auf der Seite des Internet ABCs. Wie flott kannst du die Buchstaben auf der Tastatur finden?

Zum Kennenlernen der Bedientasten eignet sich unter anderem das Paarspiel, welches hier als Word- oder PDF-Datei angeboten wird. Ferner habe ich auch ein digitales Paarspiel mit Learning Apps erstellt, welches die Kinder am PC oder am Tablet spielen können. Dieses findet ihr hier kostenlos.

Die Seite zum Internet-ABC habe ich als Lesezeichen auf dem Desktop der Schul-PCs gespeichert. So finden die Kinder die Seite schneller! Natürlich kann man die aber auch eintippen lassen!

Ferner hängt an der Medienecke meiner Klasse ein QR-Code, hinter welchem sich ein von mir erstelltes Erklärvideo verbirgt (Wie drucke ich etwas aus?). Um den QR Code zu scannen, benötigt man jedoch wieder ein Tablet oder iPad. Natürlich kann die Lehrkraft aber auch beim Ausdrucken unterstützen oder zwei Kinder schulen, die nicht nur den Computer-Dienst der Klasse übernehmen, sondern auch andere Kinder unterstützen und anlernen.

Das hat in meiner Klasse ganz wunderbar geklappt. Jedoch muss man dafür auch Zeit schaffen!

Vielleicht konnte ich mit meinem Beitrag euch ein bisschen an den Einsatz der Computer im Klassenzimmer heranführen? Kommentiert doch hier, wenn ihr noch mehr Tipp-Training-Ideen habt!

Gemeinsam schaffen wir es!

Herzliche Grüße und bis bald,
eure Vanessa (Instagram:@miss_thiel)


Downloads

Es gibt viele Varianten von Tastaturen. Der Übersichtlichkeit halber verwendeten wir die gängige T1-Tastatur mit Funktionstasten und dem Schreibmaschinenblock, ohne Steuertasten, Cursorblock und Ziffernblock.


Dazu passt:

Danke!
192 Personen haben sich für diesen Beitrag bedankt.
Klicke aufs Herz und sag Danke.