Zebrafanclub
Schritt für Schritt. Alle kommen mit.
39

Rechtschreibstrategien von Anfang an: Groß oder klein?

In dem vorangegangenen Beitrag der Reihe haben wir die Strategie Sprechen – hören – schwingen in den Blick genommen, passende Wörterlisten sowie eine Übungskartei bereitgestellt. In diesem Beitrag soll es nun um die Rechtschreibstrategie Groß oder klein? gehen. Die Strategie umfasst Wort und Syntax. Für die Großschreibung auf Wortebene bieten wir im Download wieder kostenlose, passgenaue Wortlisten und eine Übungskartei zur Strategie an.

In den Zebra-Materialien geht es nicht um das Auswendiglernen von Rechtschreibregeln, sondern um das strategiegeleitete Durchdringen der Prinzipien der deutschen Orthographie und die Ermittlung von Rechtschreibungen. Beim Üben mithilfe der Strategien sammeln die Kinder Erkenntnisse über die deutsche Schriftsprache und können diese aktiv für das Schreiben und die Korrektur von Schreibungen nutzen. In Zebra werden die FRESCH-Strategien aufgegriffen (Michl, H.-J. (Hrsg.) (2011): FRESCH. Freiburger Rechtschreibschule. AOL-Verlag) und erweitert.

Die in Zebra relevanten sieben Rechtschreibstrategien sind:

  • Sprechen – hören – schwingen
  • Groß oder klein?
  • Verlängern
  • Ableiten
  • Wortbausteine
  • Merkwörter
  • Nachschlagen

Die Rechtschreibstrategie Groß oder klein? – Grundlagen

Die Strategie Groß oder klein? bezieht sich grammatikalisch auf die Großschreibung der Wortart Nomen und syntaktisch auf die Großschreibung von Satzanfängen bzw. Textanfängen wie Überschriften. Auf Letzteres wird in diesem Beitrag allerdings nicht näher eingegangen.

Die Strategie hebt sich insofern von den anderen Strategien ab, als dass sie sich nicht nur auf Wortschreibungen (basierend auf der grammatikalischen Einteilung in Wortarten), sondern in ihrer Funktion der Textgliederung auch auf die Satzebene bezieht. Es ist also grammatikalisches Wissen um Wortarten und syntaktische Regelungen der Schriftsprache von Nöten.

Nach den Entwicklungsmodellen befinden wir uns mit der Strategie Groß oder klein? folglich auf der orthographischen Stufe. Untersuchungen zu Folge ist der Bereich der Groß- und Kleinschreibung der fehleranfälligste Bereich des Orthographieunterrichts (vgl. Röber (2011): Konzepte des Erwerbs der Groß-/Kleinschreibung, S. 297), weshalb Fehlerquellen im Bereich der Groß- und Kleinschreibung unten gesondert thematisiert werden. Die Großschreibung von Satzanfängen und Nomen als Kern der Nominalgruppe dient v.a. der Erleichterung der Verstehensprozesse beim Lesen. Im Folgenden wird auf die Großschreibung von Nomen und Satzanfängen näher eingegangen.


Die Rechtschreibstrategie Groß oder klein? – Großschreibung von Nomen

Nomen (auch als Substantive bezeichnet) werden meist zunächst semantisch eingeführt. In Klasse 2 werden diese vorläufig als Bezeichnungen für Menschen, Tiere, Pflanzen und Dinge definiert.

Rechtschreibstrategie Gross oder klein? bei Großschreibung von Nomen anwenden

Bsp. 1: Einführung der Nomen als Bezeichnung für Menschen, Tiere, Pflanzen und Dinge, Zebra Arbeitsheft Sprache 2, Seite 37.

Später kommen Abstrakta (Nomen für Gefühle und Gedanken) hinzu.

Nomen für Gefühle und Zustände, Zebra Arbeitsheft Sprache 3, Seite 38 Übung

Bsp. 2: Nomen für Gefühle und Zustände, Zebra Arbeitsheft Sprache 3, Seite 38.

Neben der semantischen Herangehensweise können formale Merkmale wie Numerus (Einzahl/Mehrzahl) und Artikelfähigkeit (inklusive Genus) sowie später auch Deklinationsmerkmale (Kasus) zur Überprüfung herangezogen werden. Die sog. Nomenprobe umfasst drei Unterfragen:

  1. semantisch: Ist das Wort ein Name für einen Menschen, ein Tier, eine Pflanze oder ein Ding?
  2. grammatikalisch: Kann ein Artikel vor das Wort gesetzt werden?
  3. Flexion: Kann das Wort in der Mehrzahl stehen?

Tipp: Weiteres zur Nomenprobe sowie passende Anregungen und Materialien findet ihr im Artikel: Ein Wortartenplakat zu Nomen / Substantiven von Franz Zebra.

Rechtschreibstrategie Gross oder klein? bei Großschreibung von Nomen anwenden - die Nomenprobe

Bsp. 3: Prüfen von Wörtern mit der Nomenprobe, Zebra Arbeitsheft Sprache 2, Seite 40.

In Klasse 3 werden zudem die verschiedenen Pluralendungen eingeführt und Nomen gesammelt, von denen es keine Pluralform gibt.

Wörter ohne Plural, Zebra Arbeitsheft Sprache 3, Seite 42 Übung 1

Bsp. 4: Wörter ohne Plural, Zebra Arbeitsheft Sprache 3, Seite 42.


Großschreibung von substantivierten Adjektiven und Verben (Nominalisierung)

Wörter anderer Wortarten können in die Wortart Nomen überführt werden. Meist handelt es sich um Adjektive bzw. Verben. Diese werden dann ebenfalls großgeschrieben.

In Zebra Sprache 3 lernen die Kinder mit dem Suffix -ung aus Verben bzw. mit -heit und -keit aus Adjektiven Nomen zu bilden.

Im Rahmen des Beitrags zur Strategie Wortbausteine wird näher auf die Präfigierung bzw. Suffigierung eingegangen. In dem Beitrag zur Strategie Ableiten wird auf den möglichen Stammvokalwechsel bei substantivierten Adjektiven und Verben eingegangen.


Groß- und Kleinschreibung von Komposita

Komposita (zusammengesetzte Substantive) bestehen aus zwei oder mehr Wortstämmen. Das erste Wort bildet das Bestimmungswort, das letzte Wort das Grundwort. Der Artikel richtet sich nach dem Grundwort. Die Bestandteile können mehrere Nomina (das Haar + die Bürste = die Haarbürste) oder aber auch bspw. Verb und Nomen sein (spielen + das Brett = das Spielbrett). Unabhängig von der Wortart des ersten Bestimmungswortes, wird der Wortanfang großgeschrieben, da es sich um ein zusammengeschriebenes Nomen handelt.

Rechtschreibstrategie Gross oder klein? bei Großschreibung von Nomen anwenden - Komposita

Bsp. 5: Großschreibung von zusammengesetzten Nomen, Zebra Arbeitsheft Sprache 2, Seite 67.

Ca. 30 % aller Komposita beinhalten laut Duden Fugenelemente. In Zebra Sprache 3 werden die typischen Fugenelemente -s, -(e)n und -e thematisiert. Sprachgeschichtlich sind diese aus Plural- und Genitivendungen entstanden, fungieren nun aber als Bindeglied zwischen den einzelnen Wortbestandteilen der Komposita.

Fugenelemente in Komposita erkennen, Zebra Arbeitsheft Sprache 3, Seite 44 Übung 1

Bsp. 6: Fugenelemente in Komposita erkennen, Zebra Arbeitsheft Sprache 3, Seite 44.


Die Rechtschreibstrategie Groß oder klein? – Großschreibung im Satzkontext

Wir haben gesehen, dass auch andere Wortarten in bestimmten Fällen (Derivation: Nominalisierung) bzw. als Bestandteile von Komposita großgeschrieben werden. Bisher ging es um die lexikalische Ebene. Durch die Großschreibung werden zudem Satzstrukturen markiert. Das lexikalische Wissen muss also um syntaktisches erweitert werden:  Satzanfänge werden großgeschrieben. Dadurch (und zusätzlich die Interpunktion, die ebenfalls im Arbeitsheft Zebra 2 im Kapitel Groß oder klein? behandelt wird) wird das Lesen erleichtert. Am Satzanfang kann prinzipiell jede Wortart stehen.

Ein anderer Ansatz ist es, auch die Großschreibung von Substantiven durch ihre syntaktische Funktion als Kern einer Nominalgruppe zu betrachten.

Die Regel, dass der erweiterbare Kern der Nominalgruppe großgeschrieben wird, „erfasst die überwältigende Mehrheit aller satzinternen Großschreibungen“ (Günther/Gaebert (2011): Das System der Groß- und Kleinschreibung, S. 104). Maas stellt fest, dass es im Kernbereich möglich sei, „die Großschreibung funktional von ihrer Leistung für die Textstrukturierung zu entwickeln“ (Maas (1992): Grundzüge der deutschen Orthographie, S. 172).

Der Ansatz stößt allerdings auf Kritik, da dieses Vorgehen für zu voraussetzungsreich und insofern für die Grundschule als nicht zielführend gesehen wird. Bisher hat sich dieser Ansatz daher auch noch nicht in Schulmaterialien niedergeschlagen, soll an dieser Stelle aber der Vollständigkeit halber genannt werden.

Rechtschreibstrategie Gross oder klein? bei Großschreibung im Satzkontext

Bsp. 7: Großschreibung am Satzanfang, Zebra Arbeitsheft Sprache 2, Seite 43.


Häufige Fehler bei der Groß- und Kleinschreibung

In der fachdidaktischen Literatur wird stets darauf verwiesen, dass die satzinterne Großschreibung von Nomen (insbesondere auch von substantivierten Adjektiven und Verben) einer der fehleranfälligsten Bereiche der deutschen Orthographie bei GrundschülerInnen und auch bei vielen SekundarschülerInnen ist (vgl. etwa Röber, Menzel).

Die behutsame, „mehrgleisige“ Einführung der Nomenprobe (s. o.) ist daher unabdingbar. Es sollten bei der Überprüfung, ob ein Wort großgeschrieben wird, es sich also um ein Nomen handelt, immer verschiedene Wege der Überprüfung gewählt werden. Es ist nämlich zu beachten, dass nicht immer alle Schritte der Nomenprobe zielführend sind: einige Nomen haben keine Plural- und andere keine Singularform (z. B. der Schnee, die Eltern).

Wolfgang Menzel weist darauf hin, dass die Fokussierung auf Artikel zwar bei der Rechtschreibung helfen, allerdings auch zu Falschschreibungen verleiten kann, wenn dem Artikel ein Adjektiv folgt (*der Bissige hund) bzw. das Nomen ohne Artikel steht (*Ich habe wut). Da über die Hälfte der Wörter nicht nach Artikeln, sondern nach (verschmolzenen) Präpositionen, Pronomen, Adjektiven oder artikellos in Texten anzufinden ist, rät Menzel von einer Fixierung auf den bestimmten Artikel ab (s. Menzel (1999): Grammatik Werkstatt, S. 31 ff.). Hier kann die Arbeit an Wortgruppen (Artikel + Adjektiv + Nomen: z. B. der schlaue Fuchs) Abhilfe schaffen bzw. sollten die Kinder auch in Texten nach großgeschriebenen Wörtern suchen und mit der Nomenprobe die Großschreibung begründen.

Rechtschreibstrategie Gross oder klein? Tippkarte aus dem Zebra Arbeitsheft Sprache 2

Die Tippkarte zur Strategie Groß oder klein?, Zebra Arbeitsheft Sprache 2, Seite 47.


Fazit und Ausblick

Um Rechtschreibfehler im Bereich der Groß- und Kleinschreibung zu vermeiden, ist eine gründliche Einführung der Wortart Substantiv nötig. Die Nomenprobe spielt eine zentrale Rolle und umfasst semantische und formale Aspekte. Der Begriff Nomen muss terminologisch in Klasse 3 um Abstrakta erweitert werden. Bei der Schreibung von substantivierten Adjektiven und Verben sowie Komposita helfen zudem die Strategien Wortbausteine und ggf. auch Ableiten. Um die Rechtschreibstrategie Groß- oder klein? einzuführen und zu festigen, scheint neben der Arbeit an Wörtern und Sätzen insbesondere auch der Arbeit an Wortgruppen eine zentrale Bedeutung zuzukommen.

Bei der terminologischen und rechtschriftlichen Absicherung der Wortart Nomen können verschiedene Aktivitäten wie bspw. das Sortieren nach verschiedenen Aspekten (alphabetisch, nach Oberbegriffen und Kategorien wie Zeitbegriffe, Länder, Orte, Feste und Berufe), das Anlegen von Wortsammlungen oder das Ausfindigmachen von Nomen in Sätzen und Texten helfen.

Die passenden Wörterlisten mit Wörtern aus den Grundwortschätzen Baden-Württemberg, NRW und Hessen könnt ihr unterhalb des Artikels herunterladen.

Viel Freude mit der Übungskartei und den Wörterlisten wünscht

Bernadette Girshausen

PS: Für Klassenstufe 2 eignet sich insbesondere die Übungskartei 1 Berufe. Aber auch Feste und Feiertage können bereits thematisiert werden. Länder und Bundesländer können gut in Klasse 3 behandelt werden. Ihr könnt in den Übungen das Wortmaterial mit Wörtern aus den Listen austauschen. Die Übungskarten können laminiert und mit Folienstift beschrieben werden.


Downloads

Downloadtipp: Anregungen für das Sortieren von Nomen findet ihr auch in den neuen Wörterbüchern. Im Bildwörterbuch für Klasse 1 findet ihr jede Menge Nomen alphabetisch sortiert und mit Abbildung. Thematisch sortiert ist hingegen der Englisch-Wortschatz ganz hinten in den Wörterbüchern. Diesen findet ihr im Grundschul-Blog jetzt auch auf Deutsch.


Dazu passt:

39 Personen haben sich für diesen Beitrag bedankt.
Danke!

Über die Autorin

Bernadette Girshausen

Berufliche Tätigkeit: Nach meinem Referendariat an der Nachbarschaftsschule Leipzig war ich an der Universität Leipzig im Bereich Grundschuldidaktik Deutsch tätig. Vorrangig habe ich mich mit der Sprachreflexion sowie mit dem Schriftspracherwerb beschäftigt. Mein besonderes Interesse galt dabei der Förderung von Kindern mit Schwierigkeiten im Bereich Lesen und Rechtschreiben. Nun arbeite ich neben meiner Stelle an der HU Berlin im Bereich Sportdidaktik sowie als freie Zirkuspädagogin und freue mich, weiterhin als Klettautorin tätig sein zu können. Was mir privat Spaß macht: In meiner Freizeit bin ich gerne an der frischen Luft, bin gern im Café und höre Musik.

Hinterlasse einen Kommentar

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und verstanden.

Nach oben