11. Januar 2021
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Im Deutschen gibt es eine Vielzahl an Wörtern, in denen zwei gleiche Konsonanten an der Schnittstelle zweier Silben geschrieben werden. Diese Doppelkonsonanten sind im gesprochenen Wort nicht zu hören. Dennoch macht es Sinn, diese Wörter beim Erlernen der Rechtschreibung in Silben zu zerlegen.

Im Folgenden möchte ich beide gängigen Ansätze zur unterrichtlichen Behandlung der Doppelkonsonanten umreißen und ihre Chancen und Grenzen zum Verständnisgewinn der deutschen Orthografie beleuchten. Abschließend sollen adäquate Übungen zur Festigung der Doppelkonsonantenschreibung aufgezeigt werden.


Erklärungsansatz zur Konsonantenverdopplung ausgehend vom Laut

Die Vokallänge ist bedeutungsunterscheidend. Man denke etwa an las/lass oder Mus/muss. Dabei bleiben die Vokale in den Beispielen gleich. Der doppelte Mitlaut zeigt an, dass dieser kurz gesprochen wird. Demzufolge werden Kinder angehalten zu prüfen, ob ein Vokal lang oder kurz klingt und zu entscheiden, ob das Wort einen doppelten Mitlaut enthält oder nicht. Die Regel lautet: „Klingt der König in einer Silbe kurz, folgen zwei Konsonanten (ham-peln). Hörst du nur einen, verdopple ihn (schwim-men).“

Problematisch erscheint, dass eine Reihe von Wörtern nicht dieser Regularität entspricht. So etwa viele kleine, häufige Wörter wie etwa mit, ob und das oder Wörter mit dem Suffix -nis. Auch in Fremd- und Lehnwörtern wie Ananas oder Job findet sich trotz kurzem Vokal kein doppelter Konsonant. Schwierig, eine Regel aufzustellen und einzuüben, die dann bei vielen „Ausnahmen“ nicht zu helfen scheint. Erschwerend kommt auch hinzu, dass sich manche Menschen schwertun die Vokallänge akustisch zu unterscheiden.


Silbenbasierte Erklärung

Der zweite Ansatz geht von der Silbe aus. Das Erklärungsmodell ist weitaus komplexer als das lautbasierte, erlaubt aber auch genauere Festlegungen und Verknüpfungen zu anderen Rechtschreibthemen. Hier wird die Verdopplung des Konsonantenbuchstabens anhand der Silbenregularitäten erklärt. Der doppelte Mitlaut fungiert in diesem Ansatz als sog. Silbengelenk. Ein Silbengelenk bildet nach Peter Eisenberg die Schnittstelle zweier Silben, wobei er je nach Betrachtungsweise der ersten Silbe zugeordnet wird, um den Kurzvokal der ersten Silbe zu kennzeichnen [ˈkɛt-ə], oder der zweiten Silbe, da die zweite Silbifizierungsregel besagt, dass ein einfacher Konsonant zwischen zwei Vokalen der zweiten Silbe zugerechnet wird [ˈkɛ-tə]. Neben Doppelkonsonanten zählen auch ch (lachen), sch (Tasche), tz (Katze) und ck (Brücke) zu den Silbengelenken.

Durch die doppelte Konsonantenschreibung wird in der Schrift die Zughörigkeit zur vorausgehenden und nachfolgenden Silbe kenntlich gemacht. Um die erste Silbifizierungsregel verständlich zu machen, kommen wir auch in diesem Ansatz um den Laut nicht herum, betrachten den Laut aber nicht isoliert, sondern innerhalb des Silbenkontextes. Bei offenen Silben (am leichtesten ist es zunächst die erste Silbe bei Zweisilbern zu betrachten) ist der Endrand nicht besetzt. D.h. auf den Vokal folgt kein Konsonant (etwa bei Ho-se). Dieser wird dann lang gesprochen. Bei geschlossenen Silben folgt ein Konsonant, der den Endrand der Silbe besetzt (Tan-te) und der Vokal wird kurz gesprochen. Daraus folgt, dass der Endrand besetzt sein muss, damit der Leser den Vokal eindeutig als Kurzvokal identifiziert. Findet sich hier kein Konsonant, so wird der Konsonant verdoppelt und steht am Ende der ersten Silbe sowie am Anfangsrand der zweiten Silbe (Af-fe). Dies wird berechtigt auch in den Zebra Lernapps Lesen 1 und 2 thematisiert, denn strenggenommen ist der Doppelkonsonant eine Lesehilfe.

Doppelkonsonanten

Screenshot aus dem Erklärfilm„Wörter mit Doppelbuchstaben“, App Lesen lernen 2 mit Zebra; Klett-Archiv

So wird dies mit dem König und dem Gefolgsmann erklärt: Hat der König einen Gefolgsmann, so klingt er kurz. Er hat keinen Platz, sich auszudehnen.

Hat der König keinen Gefolgsmann, so klingt er lang. Er hat Platz, sich am Ende der Silbe auszudehnen.

Wieder einmal zeigt sich, dass die deutsche Orthografie leserorientiert ist. Dabei kommt der Laut nicht ohne die Silbe aus – nur aus dem Silbenkontext erschließt sich seine Quantität – und die Silbe nicht ohne den Laut. In diesem Sinne lassen sich beide Ansätze gut miteinander verbinden und haben ihre Berechtigung. Es ist also keineswegs verkehrt, die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die Silbenstruktur zu lenken. Nur muss dies vorzugsweise an der Schrift passieren und nicht am gesprochenen Wort.

Die Idee für den Unterricht ist es, Silben zu schwingen und den doppelten Konsonanten somit „hörbar“ zu machen. Das ist zumindest nüchtern betrachtet ein Trugschluss.

Die Schreibung orientiert sich dabei nicht an der Sprechsilbe, sondern vielmehr an der Schreibsilbe. Der Doppelkonsonant ist nur mit dem geübten „Rechtschreibohr“ zu hören. Dieses gilt es bei den Schülerinnen und Schülern zu entwickeln.


Sinn oder Unsinn des Silbenschwingens?

Mit zunehmender Übung (Lautübungen, bewegungsbegleitetes Sprechen von Wörtern in Silben, Übungen an geschriebenen und silbisch gegliederten Wörtern) gewöhnen wir uns eine schriftgeprägte Rechtschreibsprache an. So meinen sicher die meisten von uns, dass sie den doppelten Mitlaut hören können, wenn sie ein Wort wie Son-ne silbisch gliedern. Das schriftunerfahrene Kind wird dies zurecht nicht tun, denn es handelt sich um einen Laut, der und das ist ihm noch unbekannt, durch zwei Buchstaben repräsentiert wird.

Um ein Rechtschreibgehör zu entwickeln, ist es günstig, gesprochenes und geschriebenes Wort simultan zu präsentieren. Das kann an der Tafel, auf Wortkärtchen oder auch digital animiert, wie etwa in den Zebra Lesen Apps passieren.


Übungen zu Festigung der Doppelkonsonantenschreibung

Hier ein paar Übungen, die helfen die Doppelkonsonantenschreibung zu sichern:

Lautorientierte Übungen

  • Vokale werden in Kurz- oder Langvariante gesprochen. Die Kinder klopfen auf den Tisch, wenn sie einen Kurzvokal zu hören meinen bzw. streichen über die Tischplatte, wenn sie meinen, einen Langvokal zu hören. Alternativ kann ein Flummi für den Kurzvokal auf den Tisch gedotzt und ein Gummiband für den Langvokal gedehnt werden.
  • Um den Unterschied besser hören zu lernen, können Kontrastübungen helfen. Hier können entweder richtige mit falschen Wörtern verglichen werden (*Nü-se/ Nüsse) oder Kontrastpaare (Hü-te/Hütte) zum Einsatz kommen.

Schriftbasierte Übungen

  • Die Kinder lesen Wörter (möglichst bereits in Silben gegliedert und ggf. mit Silbenbögen versehen), schwingen diese und schreiten dazu.
  • In verschiedenen Wörtern wird der König markiert (z. B. mit einer entsprechenden Krone versehen , Silbenbögen eingezeichnet und ggf. der Gefolgsmann genannt oder markiert). Die Kinder sollen angehalten werden hiermit zu begründen, weshalb der König lang oder kurz klingt („Der König klingt lang, weil in der ersten Silbe kein Gefolgsmann steht.“ bzw. „Der König klingt kurz, weil in der ersten Silbe der Gefolgsmann … steht.“).
  • In unmarkierten Wörtern können Silbengelenke gesucht und umkreist werden. Silbenbögen können die Silbenstruktur verdeutlichen. Die Wörter sind dann zum Erwerb der Rechtschreibsprache silbisch zu lesen.
  • In den Apps Zebra Lesen 1 und 2 sowie Zebra Sprache 2-4 werden diese Wörter animiert, sodass die Silbenstruktur sichtbar wird, die Wörter anschließend aber wieder in ihrer natürlichen Gestalt erscheinen. Die Erklärfilme (die codes für den Zugang dazu findet ihr auf den Umschlagsseiten der Arbeitshefte) können mit der ganzen Klasse angesehen werden und anschließend können die Kinder an Tablets frei üben.

Fazit

Wie sich zeigt, können beide Erklärungsansätze in die Irre führen bzw. sind mehr oder weniger leicht zugänglich. Nur in einem Zusammenspiel aus der Arbeit an Laut und Silbe können beide Ansätze gemeinsam zum Erfolg führen und die Doppelkonsonantenschreibung verstehen und sicher anzuwenden helfen.

Durch Beobachtung und Erfahrung an und mit schriftsprachlichen Strukturen können die Kinder wichtige Erkenntnisse gewinnen, die, wenn sie einmal internalisiert sind, beim Schreiben angewandt werden können.

Sie beobachten hier nicht nur, dass der gleiche Buchstabe am Ende der vorausgehenden und Anfang der nachfolgenden Silbe stehen kann (Silbengelenk), sondern auch, dass -ie bspw. genauso wenig vor einem Silbengelenk stehen kann (*Riet-ter), wie Vokale mit einem Dehnungs-h (*Bohm-mel). Hieran können sich schriftbasierte Rechtschreibgespräche anschließen und die Orthografie kann in ihrer Komplexität durchdrungen werden. Strategien und Erklärungsmodelle stellen noch keinen Garanten für richtiges Schreiben dar. Das Nachdenken über Sprache in gemeinsamen Gesprächen hilft, das Handwerkszeug, das durch Strategien gegeben wird, richtig gebrauchen zu lernen und schriftsprachliche Strukturen zu verstehen.


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Erklärfilm „Wörter mit Doppelbuchstaben“ aus der App Lesen lernen 1 mit Zebra. Auch wenn die Erklärung nicht 100%-ig fachlich korrekt ist, erklärt sie Kindern vereinfacht, aber sachlich die Rolle des Lautes in der ersten Silbe und wie sie ihr Rechtschreibgehör einsetzen können.

In der Hoffnung, die Chancen und Grenzen beider Ansätze deutlich beschrieben zu haben und ein wenig Klarheit und nicht mehr Verwirrung geschaffen zu haben, grüße ich herzlich und freue mich auf Rückfragen und Kommentare.

Bernadette Girshausen


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