Fresh – Frisch – Frech – Fresch – ja was nun? Von allem etwas in der „Freiburger Rechtschreibschule“! So benannt von Herausgeber Dr. Michel (Oberschulamt Freiburg). Nach einer fast schlaflosen Nacht wachte er auf, so richtig mit „Heureka“! – „Ich habe es gefunden!“ Aber nicht wie dazumal Archimedes in der Badewanne, sondern im Bett! Fresch war geboren – vor über 15 Jahren!
Dabei gab es lange vorher schon die „Buschmann-Methode“, entwickelt von Frau Buschmann, Schulpsychologin in Waldshut. Sie entdeckte, was lange vergessen war: die Silbe als Basis zum Richtigschreiben der Wörter. Sie verband jedoch das Lesen und Schreiben in Silben mit BEWEGUNG. Und das war neu. Und das brachte auch – sogar bei erwachsenen Analphabeten – große Erfolge bei allen Schulkindern, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Richtigschreiben hatten.
Heute wissen wir, wie sehr Bewegung im Unterricht zu nachhaltigem Lernen und Merken führt. Wer sich für den genaueren Hintergrund interessiert, kann im Theorieteil von Fresch – Freiburger Rechtschreibschule, AOL-Verlag nachlesen. Ich möchte mich vor allem im praktischen Feld der Methode bewegen und die erste Fresch-Strategie Silbenschwingen vorstellen Am Ende des Beitrages finden Sie vier Kopiervorlagen zum kostenlosen Download.
Guter Rechtschreiber – schwieriger Rechtschreiber
Fresch beginnt, wenn alle Buchstaben bekannt sind und die Kinder sie lesen und schreiben können. Viele Klassen arbeiten mit Anlauttabellen, was sehr reizvoll ist, weil die Kinder spontan ihre Ideen aufschreiben können. Deshalb sind Zebra und Fresch von Anfang an kompatibel. In der Kombination mit Fresch werden die Kinder auch früh zum Richtigschreiben geführt, vor allem im lautgetreuen Wortschatz.
Wenn wir die Kinder jedoch zu lange alle Wörter nach Gehör schreiben lassen, z.B. Schuferkeufa oder Meikefa (Schuhverkäufer, Maikäfer), wird es für manche Kinder später sehr mühsam zum Richtigschreiben – bei Zebra zum „Erwachsenenschreiben“ – zu kommen. Das berichteten mir häufig Eltern, die bei mir Hilfe suchten, als ich noch in der Schulpsychologischen Beratungsstelle in Freiburg als LRS-Multiplikatorin arbeitete.
Ein guter Rechtschreiber zu sein, hängt von seiner (ererbten) Begabung ab, nicht von Intelligenz. Ein guter Rechtschreiber lernt auch mit einer mangelhaften Methode das Rechtschreiben, weil er den Vorteil hat: er automatisiert schnell die richtige Schreibweise. Ein- zweimal das Wort geschrieben – schon ist es verankert. Er braucht nicht mehr zu überlegen, wenn er es erneut schreiben muss.
Ein „schwieriger“ Rechtschreiber kann nicht auf das Automatisieren zurückgreifen, weil er eine geringere Merkfähigkeit hat. Trotz guter Intelligenz schreibt er montags „Krokodiel“, dienstags „Krokodill“, mittwochs „Kokodiel“, donnerstags…
Bei einem guten Rechtschreiber sind beim Schreiben mehrere Areale im Gehirn aktiv (bildgebende Verfahren belegen das), während beim schwierigen Schreiber weniger Gehirnteile aktiv arbeiten. Fresch hilft nun kompensatorisch durch das synchrone Silbenschwingen – also koordinierte Bewegung mit Sprache – und das synchrone Sprechschreiben in Silben das Gehirn besser zu aktivieren.
Durch die Einhaltung von den vier aufeinander folgenden Strategien bei Fresch wird auch ein schwieriger Rechtschreiber zum automatisierten Rechtschreiber.
Die 1. Fresch-Strategie , mit der wir zwingend im Unterricht beginnen, heißt Silbieren.
Der Start des Silbierens: Wir schwingen unseren Namen
Zunächst schwingen wir die Kinder in einen koordinierten Silbenrhythmus ein. Alle Wörter eignen sich zum mündlichen Silbenschwingen. Wir können also Wörter wählen, die zum nachfolgenden Unterrichtsthema passen. Mit mehrsilbigen Wörtern kommen die Kinder besser in den Bewegungsablauf. Meistens schwinge ich jedoch zuerst die Namen der Kinder: Se-bas-ti-an, Gre-ta, A-me-lie…
Wir schwingen in Schreibrichtung. Der rechte Fuß bewegt sich einen Schritt seitlich, der linke folgt parallel nach, dazu sprechen wir die 1. Silbe „Se“ und führen synchron dazu eine Girlandenbewegung mit den Händen aus. So folgt Silbe auf Silbe.
Weiter gehts: Vielsilbige Wörter schwingen
Manche Kinder haben bei der Koordination schon Schwierigkeiten, was bereits ein Hinweis auf ihre möglichen Schreibprobleme sein kann. Diese Kinder müssen wir beim Silbenschwingen besonders unterstützen (mit ihnen laufen, bei der Koordination helfen).
Nach den Namen schwingen wir weitere Wörter (möglichst vielsilbige):
- was gibt es zum Mittagessen? –> Spa-get-ti, To-ma-ten-sa-lat, Scho-ko-la-den-pfann-ku-chen…
- Was findest du im Klassenzimmer? –> Klas-sen-buch, Pa-pier-korb, Ta-fel-krei-de…
- Was gehört zum Winter? –> Schlit-ten-fah-ren, Vo-gel-fut-ter, Schnee-ge-stö-ber…
Dies sind alles Beispiele für das mündliche Schwingen. Sollen die Kinder Wörter (im synchronen Schreibrhythmus) nach Diktat schreiben, sollten es nur lautgetreue Wörter in der 1. Strategie sein (zur Erinnerung: sonst kommt es zu „Schuferkeufa).
Wörter aufschreiben: Auf die Aussprache kommt es an
Zum Aufschreiben der Wörter spielt eine sorgfältige Artikulation eine wichtige Rolle. Manche Kollegen kritisieren diese genaue Sprechweise, weil wir im Alltag nicht so künstlich sprechen. Aber hier geht es ums richtige Schreiben. Genuschelte Wörter werden auch genuschelt geschrieben. Wenn ich „Ma me la de“ sage, schreiben die Kinder auch so. Deshalb: „Mar me la de“! Fresch spricht von der „Pilot-Sprache“ – ein Pilot darf keine Fehler machen!
Synchrones Sprechschreiben heißt: Die Silben dürfen nicht schneller gesprochen werden, als die Schreibhand schreiben kann. Spreche ich zu schnell, werden Buchstaben ausgelassen, das Wort wird falsch.
Das Ziel des Silbierens: Lautgetreue Wörter richtig schreiben
Etwa 50% des Grundschul-Wortschatzes bestehen aus lautgetreuen Wörtern. Diese Wörter fehlerfrei nach Gehör, bzw. Diktat zu schreiben ist Ziel der 1. Strategie. Sollen die Kinder Texte schreiben, in denen nicht lautgetreue Wörter vorkommen, müssen wir sie unbedingt darauf aufmerksam machen und diese Wörter markieren. Nicht alle Wörter in der Erwachsenen-Sprache sind lautgetreu, nicht alle Wörter können wir durch Schwingen und Silbieren richtig schreiben. Sie können ein ganzes Schuljahr lautgetreu arbeiten ohne dass es langweilig wird, weil es eben eine so große Anzahl von lautgetreuen Wörtern gibt. Und die Kinder haben ein tolles Erfolgserlebnis, wenn sie vorher nie geübte Wörter durch die Silbierungsmethode auf Anhieb fehlerfrei schreiben können, z.B. Unterwasserbadeöl!
Fresch zählt auch die Wörter mit Mitlautverdopplung und „ck“ und „tz“ zu den lautgetreuen. Es hat sich bewährt, die Mitlautverdopplung in etwa so einzuführen:
Ich sammle zuerst mit den Kindern lautgetreue deutsche zweisilbige Wörter (die Betonung liegt immer auf der ersten Silbe):
- Wa-gen, Mor-gen, Ha-se, Man-tel, Win-ter, Scha-fe, Kin-der, Schu-le, Ro-se, Gra-ben …
Welches Merkmal haben alle 2. Silben gemeinsam? Die Kinder finden das schnell heraus: das „e“! (Das ist wichtig, damit die Schreibweise der 2. Silbe gesichert ist.) Nun erzähle ich, dass heute Morgen die Zimmertür „o fen“ (ich spreche es wie Ofen) stand und zu Hause der „Offen“ ausgegangen war. Die Kinder lachen. Es folgt die Erklärung:
Der König (Selbstlaut) kann sich bei O fen in der 1. Silbe ganz breit machen, nur ihn allein hört man in der 1. Silbe: Ooooooo…fen
Bei „of fen“ kann sich der König nicht ausbreiten, er hat einen Stopper in der Silbe, das „f“. Deshalb klingt dieses Silbe kurz: of…
Weitere Beispiele können sein:
- Hü-te – Hüt-te
- be-ten – Bet-ten
- Tö-ne – Ton-ne
- Be-sen – bes-ser
- …
Beim Schwingen der Wörter kamen die Kinder auf die Idee, zwischen den Mitlautverdopplungen Luft zu holen, um beide Mitlaute deutlich zu artikulieren:
Wet-(Luft holen)-ter
Wie mit nicht lautgetreuen Wörtern umgehen?
Natürlich kommen wir in Texten, die die Schüler schreiben sollen, nicht ohne Wörter aus den anderen Strategien (Verlängern, Ableiten, Merken) aus. Für mich ist es selbstverständlich, diese Wörter dann zu markieren Schiff, Wald, Bäume, Meer, Klavier usw. und deutlich zu machen: Das müsst ihr noch nicht auswendig schreiben können!
Viele Merkwörter sind jahreszeitlich unverzichtbar: Herbst – Advent – Weihnachten – Silvester – Schneemann – Seeräuber…
Diese Wörter stehen dann auf einem für alle sichtbaren Poster im Klassenzimmer aufgehängt. Wichtige Merkwörter werden schön auf Kärtchen geschrieben und in einer „Schatzkiste“ gesammelt. Damit können die Kinder in der Freiarbeit oder im differenzierten Unterricht spielerisch allerlei Aufgaben angehen:
- ein Elfchen schreiben
- ein Haiku schreiben
- ein Rätsel ausdenken (es ist eisig und weiß…)
- nach dem ABC ordnen
- eine Reizwortgeschichte ausdenken
- ein Cluster (Assoziationsbild) um eine Merkwort bilden:
- 5 Wörter im Wörterbuch nachschlagen (Seite benennen)
- eine Wortfamilie dazu aufschreiben…
Wir wollen die Kinder nicht bremsen, schon früh das eine oder andere Merkwort auf diese Weise zu automatisieren.
Lernzielkontrollen sind auch bei Fresch wichtig
In keinem Lehrplan steht, dass zur Überprüfung der Rechtschreibung Diktate zu verwenden sind. Wenn schon Diktate – sie sind ja eine bequeme Kontrollmethode – dann sollen sie nur die Strategie abverlangen, die im Unterricht eingeführt und trainiert wurde. So gibt es eine Win-Win-Situation für Schüler, Eltern, Lehrer! Es ist nicht immer leicht, einen lautgetreuen Text zu erstellen. Die wenigen notwendigen Wörter aus anderen Strategien schreibe ich an die Tafel. Mit Fresch können wir auch andere Lernzielkontrollen anbieten, z.B. diktiere ich Wortlisten mit mehrsilbigen Wörtern (lautgetreu natürlich) wie Vokabeln. Oder die Kinder malen nur die Silbenbogen unter die Wörter und markieren die Könige oder Mitlautverdopplungen. Oder sie formen einen „komischen Satz“ in richtig silbierte Wörter um:
- Opasch narch tims essel. (Opa schnarcht im Ses-sel.
- Mam aback tapf elkuch en. (Ma-ma backt Ap-fel-ku-chen)…
Ähnliche Lernzielkontrollen oder Diktate nach Strategien geordnet finden Sie in den Heften: „Gut in Fresch? Testbögen zur Ermittlung des individuellen Lernerfolgs“ und „Trainingstexte Rechtschreibung für LRS-Kinder“ beides im AOL Verlag.
Zusammenfassend möchte ich noch einmal erinnern: Während des Trainings in der 1. Strategie „Silbieren“ ist es wichtig, in einer schriftlichen Überprüfung nur lautgetreue Schreibweisen abzufragen. Erst wenn das Kind in der Fresch-Strategie Silbenschwingen keine Fehler mehr macht, kann zur nächsten Schwierigkeit, zur 2. Strategie, übergegangen werden. Nur so garantiert es den Kindern, die nicht über ein automatisiertes Richtigschreiben verfügen, ein Erfolgserlebnis und bereitet Lehrern und Eltern durchaus auch eine große Freude.
Zebra bietet in vielen unterschiedlichen Texten und Übungen eine Fülle von Material im Sinne von Fresch an, so dass unsere Schüler immer wieder motiviert werden können.
Halten wir es wie der Philosoph Ernst Bloch: Wir sollen ins Gelingen verliebt sein und nichts ins Scheitern!
Und wenn Sie und Ihr Kollegium an einem interaktiven Fresch-Workshop interessiert sind, komme ich gern für ca. 2 – 5 Stunden an Ihre Schule. In diesem Zeitraum könnte ich Ihnen auf sehr unterhaltsame, anregende und kompetente Weise (so haben es mir jedenfalls bisher die Kollegen zurückgemeldet) eine Basisfortbildung zu Fresch übermitteln. Vielleicht sehen wir uns bald.
Herzlichst,
Ihre Bettina Rinderle
Zum Artikel der Fresch-Strategie:
Ableiten
Verlängern oder Weiterschwingen
Merkwörter
16 Kommentare
Sehr geehrte Frau Rinderle,
interessieren würde mich, ob in den Arbeitsheften und Büchern auch eine Dreifachdifferenzierung stattfindet.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Jooß
Liebe Frau Jooß, bitte gestatten Sie mir, direkt auf Ihre Anfrage zu antworten. Eine ausgewiesene Dreifachdifferenzierung findet bei Zebra bis jetzt nur in der Ausleihvariante der Lese- und Sprachbücher/-hefte statt. Hier ist jede Aufgabe direkt mit dem entsprechenden Niveau gekennzeichnet. In der Verbrauchsvariante bedienen Aufgabenstellungen und Texte ebenfalls unterschiedliche Niveaus, diese sind aber nicht explizit an der Aufgabe sichtbar.
Würden Sie uns verraten, ob Sie eine ausgewiesene Differenzierung hilfreich finden und wie Sie mit differenzierten Aufgaben im Unterricht umgehen?
Herzliche Grüße
Heike
Sehr geehrte Frau Rinderle,
Ihr Schüler schwingt das zweisilbige Wort in der Mitte durch, das heißt, sein Arm beschreibt einen Kreis.Ich habe das System so gelernt, dass der schwingende Arm neu ansetzt zur zweiten Silbe; so kann man dann den kreisförmig schwingenden Arm nutzen, um den nur einmal geschriebenen , aber doppelt gesprochenen Dreifachkonsonant „sch“ vom einfachen „sch“ zu unterscheiden: wu-schen, wasch-schen. Beim zweiten Wort mit kurzem Vokal lässt man den Arm dann beim zweitgesprochenen sch über den Kopf kreisen.Das Ganze entspricht dann den sich kreuzenden Silbenbögen.
Mit freundlichen Grüßen,
Christine Freund
Liebe Frau Freund, das Schwingen bei Fresch wird in Girlandenbogen(nicht kreisend) ausgeführt und das sch wird mit zwei Bögen Ta sche geschwungen.
Mit freundlichem Gruß
Bettina Rinderle
Edit: ich habe den Film im Beitrag, auf den sich der Kommentar bezog, entfernt, da hier das Schwingen nicht ganz korrekt dargestellt war. Heike
Sehr geehrte Frau Rinderle,
wie handhaben Sie das Schwingen bei ck? Zum Beispiel beim Wort trocken? Wie erklären Sie den Kindern Ihr Vorgehen?
Mit freundlichen Grüßen
S. Bandholz
Liebe Frau Bandholz, Frau Rinderle ist eine Gastautorin, deswegen habe ich Ihre Frage an sie weitergeleitet. Ich bin sicher, dass sie in Kürze antworten wird.
Herzliche Grüße
Heike
Hallo, Frau Bandholz,
so wie wir alle Mitlautverdoppelungen schwingen: Mut ter, Was ser, Don ner, schwingen wir auch troc ken, Dec cel, Wec ker;
tro cken folgt der TRENNUNGSREGEL, die eine Besonderheit der Rechtschreibung darstellt, aber nichts mit dem basalen Silbenschwingen zu tun hat. (Weitere Infos können Sie gerne in den Fresch-Heften aus dem AOL Verlag finden.)
Eltern, die immer wieder nachfragen beim Silbieren von ck-Wörtern sollte man unbedingt darauf hinweisen, dass Da ckel eben nur der Trennungsregel folgt und Wec ker den Grundlagen des Richtigschreibens mit der Silbierungsmethode! Sind wir doch froh, wenn Kinder „ck“ im Wort erkennen und richtig schreiben – Wörter richtig zu trennen kann man später noch lernen!
Herzlichen Gruß,
Bettina Rinderle
Sehr geehrte Frau Rinderle,
ich habe große Bauchschmerzen, wenn ich an bestimmte Aspekte der FRESCH-Methode denke, was sich meiner Meinung schon daran zeigt, dass sie in sich widersprüchlich sind. Wenn die „Pilotsprache“ Sachen hörbar macht, die sonst natürlicherweise nicht hörbar sind (was zumindest bei der Konsonantenverdopplung und dem silbentrennenden h nichts mit Nuscheln zu tun hat – kein Nachrichtensprecher spricht doppelt geschriebene Konsonanten doppelt oder ein h in „sehen“!) und daher neu von den Kindern gelernt werden müssen, kann doch keine Rede mehr von „Lauttreue“ sein. Es macht doch keinen Sinn, das den Kindern und Eltern vorzugaukeln; ehrlicher wäre es zu sagen, dass auf diese Weise die ersten grundlegenden systematischen Zusammenhänge von Aussprache und Schreibung (d.h. Rechtschreibregeln) gelernt werden sollen. (Das Beispiel mit „offen“ ist ja sehr gut. Aber nicht, weil ein zweites f gesprochen wird, hört sich das o in offen anders als in Ofen an, sondern umgekehrt, weil das o sich anders anhört, wird in der Schreibung der Trick angewandt, ein zweites f zu schreiben!) Sonst besteht die Gefahr, dass Kindern ein falsches Wissen über diese Zusammenhänge beigebracht wird. Auch die schlechten Ergebnisse des aktuellen IQB-Bildungstrends geben Hinweise in diese Richtung. Leider findet man im Netz für den aktuellen IQB-Bildungstrend nur eine Beispielaufgabe für den orthografischen Bereich. Doch wenn ich davon ausgehe, dass das IQB seiner Linie treu bleibt, lässt sich zur Veranschaulichung sicherlich auch eine Beispielaufgabe aus dem Fundus der VERA-Aufgaben heranziehen. Da soll in der 8. Klasse begründet werden, warum „Fluss“ und nicht „Fluß“ geschrieben wird. Interessanterweise wird folgende Antwort ausdrücklich als FALSCH gewertet: „Falsch sind alle anderen Antworten, auch: man hört zwei „s“, wenn man den Plural bildet, ODER: in Silben zerlegen“! Und in der „Didaktischen Kommentierung“ dazu heißt es: „Generell sollte bei der Behandlung von Konsonantenverdopplungen nicht auf die Aussprache der bzw. des Konsonanten hingewiesen werden („Wenn man die Silben trennt, hört man, dass da zwei /s/ sind.“), da in normaler gesprochener Sprache nur ein Konsonant als Silbengelenk realisiert wird.“ Diese Auffassung beruht auf gut fundierter sprachwissenschaftlicher Erkenntnis und verbreitet sich auch in der Schriftspracherwerbsforschung. Kann es also auch sein, dass schlechtes Abschneiden beim Bildungstrend auch damit zusammenhängt, dass Kindern in der Grundschule etwas beigebracht wird, was sich in der 8. Klasse dann als falsch herausstellt? Legen Lehrwerke also einen „starken Fokus auf die Rechtschreibung von Anfang an“, wenn sie sich der FRESCH-Methode bedienen, die genau an diesem Punkt („man hört die Konsonantenverdopplung beim Schwingen“ …) den Kindern etwas (laut IQB) Falsches an die Hand gibt? Es ist sehr bedauerlich, dass beliebte, von der Grundidee ja sehr sinnvolle Methoden wie die FRESCH-Methode nicht immer wieder genauer auf ihre wissenschaftliche Belastbarkeit und Widerspruchsfreiheit abgeklopft werden, um Fehlerhaftem vorzubeugen. Der große Nachteil von „Lesen durch Schreiben“, Kindern am Anfang NICHTS über das richtige orthografische Verhältnis von gesprochener und geschriebener Sprache zu vermitteln, kann nicht sinnvoll dadurch ersetzt werden, Kindern FALSCHES darüber zu vermitteln, oder?
Mit freundl. Grüßen
M. Beesk
Sehr geehrter Herr Beesk
Als Praktikerin, die sich 40 Jahre lang mit der Rechtschreibung vorwiegend von Grundschulkindern beschäftigt hat und daraus Erfahrungen zusammen mit entscheidenden Begegnungen (mit Frau Heide Buschmann, Psychologin, Urheberin der Fresch-Methode) gewonnen hat, kann ich Ihnen zu Ihrem theoretischen Begründungsschreiben nicht passend antworten.
Ich verstehe die Fresch-Methode als ganzheitlichen Ansatz, der auch stets den leidenden Schüler (Eltern, Lehrer…) gesehen hat und Wege suchte, das Thema Rechtschreiben erträglich, leichter und sogar erfolgreich zu vermitteln.
Es ist, was es ist (nach Erich Fried)
Es ist Unsinn
sagt der Frustrierte
es ist, was es ist
sagt die Rechtschreibung
es ist ein Unglück
sagen betroffene Eltern
es ist aussichtslos
sagt der Realist
es ist Schmerz und Angst
sagt das unbegabte Kind
es ist lächerlich
sagt der Besserwisser
es ist unmöglich
sagt der gestresste Lehrer
es ist wissenschaftlich erklärbar
sagt der Forscher
es ist machbar
sagt der Fresch-Praktiker
es ist was es ist
sagt die Rechtschreibung.
Ich kann nur sagen, dass meine Grundschüler, die konsequent mit Fresch gearbeitet haben (zum Teil eigene Ideen zur Verbesserung der Methode einbrachten, die wir auch umsetzten) die Grundschule nach der 4. Klasse mindestens mit der Note drei oder besser verließen.
Was Vera angeht kenne ich keine Lehrerin, die nach dem Stress der Kontrollarbeiten motivierter an den Unterricht oder ein gar verändertes Arbeiten ginge. Von vielen Schulen weiß ich, dass die Arbeiten schon einen Tag vorher so gut es geht „trainiert“ werden – viele Kollegen „frisieren“ sogar die Ergebnisse um noch größere Frustration zu verhindern.
Leider hört ja niemand auf die Praktiker, die täglich vor Ort in Klassen mit bis zu 60% Migranten-Flüchtlings-Kindern, Autisten, Hyperaktiven, Scheidungskindern nicht nur unterrichten müssen, sie müssen als Psychologen, Pädagogen, Elternersatz, Sozialarbeiter den Unterricht überhaupt durchführbar machen und Erziehungsarbeit, Gesundheitslehre, Ernährungsberatung, Ethik, Kulturvermittlung und und und vermitteln.
Können wir uns da aufhalten, ob zuerst Ofen erklärt werden muss und dann offen?
Im übrigen hat uns an der schulpsychologischen Beratungsstelle in Freiburg der Erfolg der „Fresch-Schüler“ bestätigt, auf einem hilfreichen Weg für die schwierigen Rechtschreiber zu sein. Mir ist kein einziger Fall bekannt, dass sich ein ehemaliger guter Fresch-Schüler in der 8. Klasse plötzlich wegen Rechtschreibproblemen an uns gewendet hätte.
Manchmal denke ich, dass den wertvollen Theorien der Wissenschaftler ein Quäntchen Praxis gut tun könnte.
Ich würde Sie sehr gerne zu einer Unterrichtsstunde oder Fortbildungsveranstaltung mit Fresch einladen, in eine ganz normale Grundschule.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Rinderle
Sehr geehrter Herr Beesk,
sehr geehrte Frau Rinderle,
ich danke Herrn Beesk für seinen Beitrag.
Sehr gerne hätte ich auch eine wissenschaftliche Untermauerung. Ein Kompliment einer schulpsychologischen Beratungsstelle (zudem ohne weiteren Link-Verweis) ersetzt keine an wissenschaftlichen Maßstäben orientierte Belastbarkeit, so wie es z. B. die schriftsprachorientierte Didaktik rund um Christa Röber, Nana Fuhrkamp, Tobis Thelen u. a. liefert. Die FRESCH-Methode wird auch an der Grundschule meiner Kinder angewendet. Da ich aber die Arbeiten der oben genannten Sprachdidaktiker/innen kenne, habe ich eine Vergleichsgrundlage, durch die ich frustriert hinnehmen muss, dass meine Kinder Aufgaben absolvieren müssen, die wenig Erfolg zeigen. Selbst das Marburger Rechtschreibtraining ist konstruktiver (übrigens wissenschaftlich begleitet).
Es ist wichtig, dass Menschen, die in Grundschulen Kinder im Bereich der Rechtschreibung unterrichten, engagiert sind – keine Frage. Und die FRESCH-Methode mag einen (kleinen) Beitrag leisten. Diese Methode sollte aber dennoch einer wissenschaftlichen Überprüfung unterzogen werden. Dass der Klett-Verlag dies nicht einfordert bzw. unterstützt, ist Schade.
Mit freundlichen Grüßen
C. Atzenbeck
Sehr geehrter Herr Atzenbeck, die FRESCH-Strategien beziehen sich auf linguistische Grundlagen der deutschen Wortschreibung (alphabetisches, silbisches und morphologisches Prinzip) und helfen, selbstständig Wortschreibungen zu ermitteln (z. B. Auslautverhärtung durch die Strategie „Weiterschwingen“, Schreiben von Umlauten durch die Strategie „Ableiten“). Der Silbenanalytische Ansatz wird dabei berücksichtigt aber nicht verabsolutiert, um den Kindern einen größeren Wortschatz anbieten zu können und handlungsorientierte, die Selbstständigkeit fördernde Zugänge zur Schriftsprache zu ermöglichen. Wir versuchen durch die Vielfältigkeit der FRESCH-Strategien möglichst vielen Kindern auf dem Weg zu Sprachbewusstheit und Rechtschreibsicherheit helfen zu können.
Herzliche Grüße
Bernadette Girshausen
Sehr geehrter Herr Atzenbeck, so wie es immer mehrere Wege gibt, so gibt es zur Rechtschreibhilfe eben auch mehrere Methoden. Da ich von der subjektiven Didaktik her komme, denke ich, dass gute Lehrerinnen und Lehrer immer nach einem Weg suchen müssen, wie sich die unterschiedlichsten Kinder einer Klasse individuell am besten an eine Lernmethode ankoppeln können. Fresch hat nie einen Absolutheitsanspruch erhoben, aber die großen Erfolge (die aus unzähligen Rückmeldungen von Kindern, Eltern, Lehrern kommen) bestätigen, dass die Fresch-Methode sehr vielen Kindern hilft.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Rinderle
Sehr geehrte Damen,
danke für Ihre Rückmeldung. Sie haben absolut recht, die Macher bzw. Macherinnen der FRESCH-Methode erheben keinen Absolutheitsanspruch. Ich danke auch jedem und jeder, der und die sich darum bemüht, den Lernenden einen subjektorientierten Zugang zur Erlangung der Rechtschreibkompetenz ermöglichen – Stichwort Stigma Rechtschreibschwäche ist mangelnde Intelligenz. Es ist nur schade, dass bisher keine wissenschaftliche Untersuchungen unternommen wurden, um auch diversen Schwächen der Methode (Konsonantenverdopplung sowie die Vielfalt der „Merk“wörter, die Beachtung der Reduktionssilbe usw.) entgegenzuwirken – auf http://www.fresch-renk.de sind dergleichen nicht aufgeführt. Dass die Methode sehr vielen Kindern hilft – auch diese Aussage sollte zum Zwecke der Seriosität und Professionalität von einem Verlag durch wissenschaftliche Belastbarkeit untermauert werden. Auch aus folgendem Grund: Ich bin Elternteil eines Kindes (4. Klasse), das mit der FRESCH-Methode irgendwann im 3. Schuljahr konfrontiert wurde. Nebenbei: Wir als Elternteil haben keine Einführung erhalten. Zudem wird diese Methode gleichzeitig zu einem anderen Lese- und Schreiblehrgang (dieser seit der 1. Klasse) eingesetzt – FRESCH aber nicht im Schwerpunkt und das auch nur bei Bedarf. Mein Kind hat folglich Probleme, diese zusätzliche Methode anzuwenden, es gehört also nicht zu der von Ihnen genannten Gruppe. Dieser Aspekt könnte daher Teil einer wissenschaftlichen Untersuchung sein: Wenn eine Lehrkraft die FRESCH-Methode wählt, sollte sie/er diese konsequent von der 1. Klasse an umsetzen. Wir als Elternteile werden immer wieder mit verschiedenen Methoden konfrontiert, die über Lehrbuchverlage verteilt werden und auffallend kaum Kohärenz aufweisen, spätestens dann wird diese Kritik sichtbar, wenn es in weiterführende Schulen geht (s. Kritik H. Beesk) – auch das könnte Thema einer wissenschaftlichen Untersuchung sein. Ich freue mich, dass FRESCH einigen Kindern hilft, aber nicht allen. Um aber diese Gruppe in Ihrem Verlagsinteresse und vor allem im Interesse der Lernenden zu erweitern, sollten eben an wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführte Untersuchungen dazu beitragen, die Methode zu optimieren, so dass auch die unterschiedlichen linguistischen Kenntnisse der Lehrpersonen (die maßgeblich dazu beitragen, wie sie die Methode „ankoppeln“) ausgeglichen werden.
Alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
C. Atzenbeck
Sehr geehrte/r Frau/Herr C. Atzenbeck,
Sie haben sich viel Mühe mit Ihrer ausführlichen Mail gemacht, daraus ersehe ich, wie wichtig Ihnen das Rechtschreibthema allgemein, besonders aber bei Fresch und besonders als Elternteil eines betroffenen Kindes ist.
Ich kann bestätigen, dass die Schwachpunkte beim Vermitteln der Rechtschreibung durchaus bekannt sind:
a) die Lehrperson, die das Rechtschreiben mit einer Methode vermittelt
b) das Material (Bücher, Arbeitsblätter), mit dem geübt wird.
Als langjährige Beratungslehrerin und LRS-Multiplikatorin habe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen intensiv mit den „Vermittelnden“ der Rechtschreibung gearbeitet, also mit Lehrerinnen und Lehrern, Therapeutinnen und Therapeuten und Eltern. Wir haben oft von „hausgemachten“ Schwierigkeiten gesprochen, wenn Kolleginnen und Kollegen den Kindern die Methode nicht korrekt vermitteln konnten und sich die Rechtschreibleistung der betroffen Kinder nicht sichtlich verbesserte. Wir haben immer vertreten – und tun das auch noch heute – dass Rechtschreiben Begabung ist und nichts mit Intelligenz zu tun hat. Allerdings konnten wir in der Förderung der Kinder feststellen, dass intelligentere Kinder, die Methode schneller anwenden konnten. Das Erlernen der Buchstaben im 1.Schuljahr geschieht ohne Fresch – das Schreiben und Silbieren setzt aber gleich im 1.Schuljahr ein. Das ist ein optimaler Weg. Aber Fresch hat sich auch bestens bewährt, wenn es später im 2.3.4. Schuljahr, oder sogar noch in den weiterführenden Schulen richtig eingesetzt wurde. Die Betonung liegt auf richtig! D.h. die neue Methode muss von Anfang an gelernt werden und ersetzt teilweise die bisherigen Kenntnisse. Selbstverständlich wurden an unseren „Fresch-Schulen“ nicht nur freiwillig die Eltern geschult, oft auch die Lehrerinnen und Lehrer, die gar nicht Deutsch unterrichteten, aber informiert sein sollten.
Nun zum Material. Die Fresch-Methode ist nicht geschützt. Viele Verlage haben die Methode „teilintegriert“, also nicht in voller Konsequenz. Das kann zu Irritierungen und Unsicherheiten bei den Kindern führen. Zebra dagegen beginnt konsequent ab der ersten Klasse im Zebra Buchstabenheft mit der ersten Strategie Sprechen-hören-schwingen und führt diese in den Arbeitsheften Sprache 2-4 ergänzt um die Strategien Groß oder klein?, Weiterschwingen, Wortbausteine, Ableiten, Merkwörter bis in Klasse 4 weiter. Zusätzlich bietet sich das Fresch-Material im Scolix-Verlag für unsichere Lehrerinnen und Lehrer an.
Meine Frage ist nun: hilft hier eine wissenschaftliche Untersuchung? Was soll Sie klären?
Eine optimale Situation wäre wünschenswert: ein gut ausgebildeter Pädagoge, ein klares unmissverständliches Material, eine individuelle Förderung für den Schüler.
Das alles möchte ich Ihnen wünschen, damit Ihr Kind einen leidfreien, guten Weg durch unsere Schulen gehen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Rinderle
off topic:
Hat Sebastian nicht eigentlich nur drei Sprechsilben, wenn wir ehrlich sind?
Se-bas-tian
Liebe Christina, ich habe mit der Redaktion gesprochen und an dieser Stelle hat Frau Rinderle aus unserer Sicht keinen Fehler gemacht. Franz hält seine allererste Regel hoch und sagt: „Jede Silbe hat einen König.“ ia ist keine feste Buchstabenverbindung im Deutschen – daher ist i der Kern der 3. Silbe und a der Kern der 4. Auch im „ABC der Tiere“ (Mildenberger) wird Bas-ti-an getrennt.
Liebe Grüße
Heike