16. November 2018
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Achtsamkeit fördert die Gesundheit

Im letzten Beitrag zum Thema habe ich über die Bedeutung von Achtsamkeit in unserer heutigen Zeit geschrieben und wie Achtsamkeit einen Beitrag zum sozialen Lernen in der Grundschule leisten kann. In unserem Job sind wir es gewohnt, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen. Wir bemühen uns schnell und effizient zu arbeiten, denn unser Aufgabenfeld und die Anforderungen an uns werden immer umfangreicher.

Jedoch sind wir dann oft gar nicht bei der Sache. In Bezug auf die Lehrergesundheit spielt Achtsamkeit also eine ebenso große Rolle wie in Bezug auf die der Schülerinnen und Schüler. Vielleicht können wir das Innehalten ja mit unseren Kindern gemeinsam schulen!


Practise what you preach!

Bringt also selbst Achtsamkeit in euer Leben. Seid präsent in diversen Momenten im Alltag und tut die Dinge ganz bewusst. Die Kinder spüren es, ob ihr dem Thema zugewandt seid oder ob es für euch einfach nur eine Unterrichtsmethode ist. Die Aufmerksamkeit also immer wieder auf den gegenwärtigen Moment zu lenken, wenn wir gedanklich gerade mal wieder woanders waren, ist ein Rückholvorgang, den man üben kann.

Nehmt euch also Zeit fürs eigene Erproben und seid geduldig.

Wie fördere ich nun Achtsamkeit im Schulalltag? Viele von euch denken vermutlich direkt an Meditation, also z. B. die Konzentration auf den Atem zu richten. Meditation ist auch eine sehr bedeutende Praktik, um Achtsamkeit zu üben. Es gibt jedoch verschiedene Achtsamkeitsübungen, die sich besonders für einen Einstieg in das Thema anbieten.

Drei Übungen der Zebra Achtsamkeitskartei möchte ich euch heute vorstellen. Diese findet ihr am Ende des Beitrages zum kostenlosen Download und Sammeln!


Achtsamkeitsübung 1: Igelball-Massage

Die Igelball-Massage ist eine bekannte Entspannungsübung, die die Kinder mit einem Partner abwechselnd ausführen können. Aber auch alleine ist die Igelball-Massage einsetzbar, dann zwar nicht für den Rücken, aber beispielsweise für den Fuß. Ganz behutsam können die Kinder den Noppenball vom Ballen bis zur Ferse rollen, kreisförmig im oder gegen den Uhrzeigersinn, über die Innenseite runter und an der Außenseite hoch. Achtsamkeit, Konzentration und Motorik werden geschult. Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielfältig. Zu erwähnen ist natürlich, dass zu viel Druck für viele Kinder unangenehm ist und meist der Kopf zu empfindlich für den harten Igelball ist. Das fühlt jeder jedoch etwas anders, weshalb wir ganz achtsam mit unserem Massage-Partner umgehen.

 

Wie immer wichtig für alle Achtsamkeitsübungen ist die anschließende Reflexion über das Wahrgenommene. Abhängig von der Übung bietet sich vielleicht ein Austausch im Plenum an, aber natürlich auch nicht immer.

Mein Vorschlag wäre, mit den Kindern ein Achtsamkeitstagebuch zu führen. Dies kann ein kleines Blankoheftchen (DIN A5) sein, in dem die Kinder nach jeder Übung mit Datum notieren was sie gespürt, gefühlt oder gehört haben.

Mein Tipp für das Tagebuch: Besprecht vorab die Heftführung mit den Kindern. Diese bereitet nämlich so einigen Kindern im Schulalltag Schwierigkeiten.

  • Wie baue ich die Seite auf?
  • Wo gehört das Datum hin?
  • Füge ich evtl. noch den Namen der Übung hinzu?
  • Ist mir die Übung heute leicht/schwer gefallen?

Die Kriterien solltet ihr vorgeben. Die oben aufgeführten Kriterien sind als Beispiele zu verstehen und demnach natürlich erweiter- und austauschbar. Man kann für das Heft auch ein schönes Cover gestalten lassen, um dem Thema mehr Würdigung und Bedeutsamkeit einzuräumen.

Das Achtsamkeitstagebuch ist übrigens für alle Achtsamkeitsübungen der Zebra Kartei gut einsetzbar.

So wie bei der nächsten Übung.


Achtsamkeitsübung 2: Ohren spitzen

Ohren spitzen lässt sich in nur wenigen Minuten im Plenum durchführen. Dafür braucht ihr eine Eieruhr oder einen Timer. (Bitte keine Sanduhr, da ein akustisches Signal benötigt wird.)

Die Kinder sitzen im Kreis oder an ihrem Platz. Wichtig ist eine aufrechte Haltung, also ein gerader Rücken, beide Beine auf den Boden, Hände und Arme sind entspannt auf den Beinen oder dem Tisch abgelegt. Die Schultern sind locker, der Kopf ist aufgerichtet. Die Kinder können ein paar tiefe Atemzüge nehmen. Sie atmen durch die Nase ein, bis der Bauch ganz rund ist, und durch den Mund aus, bis der Bauch wieder ganz flach ist. Danach kehren die Kinder allmählich zur normalen Atmung zurück.

Stellt die Eieruhr auf eine Minute und die Kinder schließen ihre Augen. In dieser Minute sollen die Kinder sich ganz ihrem Hörsinn widmen und achtsam alle Geräusche ihrer Umgebung wahrnehmen. Wenn die Minute durch das Klingeln beendet wird, schreiben die Kinder alle Geräusche in ihr Achtsamkeitstagebuch auf, die sie gehört haben. Erstklässler können natürlich auch noch malen bzw. erste Wörter versuchen zu schreiben.


Achtsamkeitsübung 3: Klangkugel

Eine weitere Übung, die insbesondere gut mit der ganzen Gruppe durchzuführen ist und sich dem „Ohren spitzen“ anschließt, ist die mit der Klangkugel. Dafür benötigt ihr eine Qi-Gong-Kugel. Diese gibt es in vielen Asia Läden oder auch günstig auf dem Flohmarkt zu kaufen.

Die Kinder sitzen bei dieser Übung im Kreis und nehmen eine aufrechte Sitzposition ein. (Diese wird immer wieder für einige Achtsamkeitsübungen benötigt, insbesondere auch für die Meditation, weshalb es sich lohnt direkt von Anfang an Wert auf die Sitzhaltung zu legen.) Die Lehrkraft zeigt die Qi-Gong-Kugel der Gruppe und legt sie dem Kind, welches neben ihr sitzt, behutsam in die Hand, ohne dass das Glöckchen klingt. Ziel dieser Übung ist es, die Kugel klanglos und so achtsam wie möglich weiterzureichen, und falls das Glöckchen doch klingt, zählt einfach jeder leise für sich, wie oft er es gehört hat. Dabei gibt es übrigens große Unterschiede! Wenn die Kugel wieder bei der Lehrkraft (bzw. dem Ausgangskind) angekommen ist, wird gefragt, wie oft das Glöckchen gehört wurde.

Die unterschiedlichen Aussagen kann man einfach unkommentiert lassen, denn dabei gibt es kein Richtig oder Falsch. Der Hörsinn ist schlichtweg unterschiedlich gut ausgeprägt. Ferner spielt die Distanz vom Sitzplatz zur Kugel natürlich auch eine Rolle. Etwas herausfordernder ist es, wenn alle bei dieser Runde die Augen geschlossen halten. Im Sinne der Achtsamkeit wäre das am Besten, doch als Probe bzw. Einführungsrunde ist die Durchführung mit offenen Augen durchaus angebracht.


Einsatz der Zebra Achtsamkeitskartei

Mit der Zebra Achtsamkeitskartei erhaltet ihr Ideen, die auf unterschiedliche Weise in den verschiedenen Jahrgängen umgesetzt werden können. Kinder des dritten oder vierten Schuljahres können die Übungen nach Einführung und Sensibilisierung für das Thema selbstständig alleine oder mit einem Partner als Auflockerung im Wochenplan, für Zwischendurch oder in der Freiarbeit ausführen.

Oder ihr startet mit einem ritualisierten Stundeneinstieg im Plenum und ein Kind darf eine Karte für den gemeinsamen Beginn auswählen. In der Schuleingangsphase müssen diese Übungen von euch jedoch natürlich angeleitet werden. Die Kinder der ersten und zweiten Klassen sind aber schnell zu begeistern, vor allem wenn sie merken, dass ihr selbst Freude damit habt.


Voraussetzungen für einen achtsamen Schulalltag

Allgemein förderlich für das Thema Achtsamkeit ist übrigens eine Ruhe-Ecke im Klassenzimmer. Wer den Luxus eines großzügigen Klassenraums genießt, hat diese Rückzugsecke um „runterzufahren“ vielleicht sogar schon eingerichtet. Denn viele Kinder besuchen heute Ganztagsklassen, d. h., sie sind von morgens 8 Uhr bis nachmittags um 15 oder 16 Uhr in der Schule. Es ist sehr anstrengend für Kinder, nicht mal einen Augenblick Ruhe tanken zu können, sondern stets von vielen Reizen umgeben zu sein und in einer doch eher strengen Taktung den Tag über funktionieren zu müssen. Umso mehr müssen die Kinder daher lernen, Reize ausblenden zu können und für einige Augenblicke nur für sich zu sein. Für die Praktiken der Achtsamkeit wäre eine Ruhezone in Schule oder im Klassenraum definitiv förderlich, ist jedoch oftmals schwer zu realisieren und auch nicht maßgeblich, um mehr Achtsamkeit in den Schulalltag zu implementieren.

Übrigens gibt es in meiner Klasse immer eine Genießerzeit in der Frühstückspause, in der wir uns ganz auf unser Essen konzentrieren:

Fünf der vorgesehenen zehn Minuten verbringen wir also quasi in Stille und schmecken unser Essen. Und meine Klasse liebt diese Minuten!!!

Natürlich hat Essen etwas Geselliges, jedoch ist die Frühstückszeit in der Schule einfach sehr kurz, und wenn in den wenigen Minuten gegessen und sich dazu noch unterhalten oder sogar umhergelaufen wird, dann ist das alles andere als achtsam (und gesund). Wenn wir jedoch ganz beim Essen, bei der einen Sache in dem Moment sind, können wir auch viel eher positive Emotionen, wie Dankbarkeit, wahrnehmen und spüren.

Doch woher sollen es die Kinder lernen, wenn wir es ihnen nicht vorleben?


Wie ihr wahrscheinlich schon gemerkt habt, liegt mir das Thema sehr am Herzen und ich hoffe, ihr habt Lust bekommen, die Übungen mit euren Kindern auszuprobieren.

Wenn ihr weitere Ideen oder Anregungen habt, dann schreibt sie doch zu diesem Beitrag. Ich freue mich auf eure Kommentare!

Im nächsten Beitrag warten drei weitere Achtsamkeitsübungen auf euch, die sich u. a. unserem Tastsinn widmen. Also klickt wieder rein!

 

Herzlichst,

Vanessa Thiel


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