19. Dezember 2018
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Achtsamkeit ist überall

Im letzten Beitrag habe ich euch die ersten drei Übungen aus der Zebra Kartei zum Thema Achtsamkeit vorgestellt.

Achtsamkeit ist derzeit sehr präsent und zwar nicht nur in der Schule. Auch der Markt hat das Thema entdeckt und bietet viele Bücher, Magazine und nun sogar Adventskalender. In der besinnlichen Vorweihnachtszeit ist ein solcher Kalender vielleicht gar keine schlechte Idee, jedoch müssen wir dafür gar nichts kaufen.

Alles was wir brauchen, besitzen wir bereits. Vielleicht benötigen wir allenfalls ein paar Ideen.

Diese Beitragsreihe soll Abhilfe schaffen und dem einen oder anderen von euch ein paar Übungen an die Hand geben, um mehr Platz für Achtsamkeit im Schulalltag zu ermöglichen.


Achtsamkeit mit allen Sinnen

In unserer immerzu hektischeren Welt, steigert Achtsamkeit im Alltag unser Wohlbefinden. Das Thema in der Schule anzustoßen halte ich für sehr wichtig, denn Kinder haben so die Möglichkeit, damit aufzuwachsen, zu lernen, mit sich und anderen aufmerksam und achtsam zu sein.

Unsere Sinne spielen dabei eine ebenso bedeutende Rolle wie das Wahrnehmen unserer Gefühle. Unsere Sinnesorgane helfen uns, Reize wahrzunehmen. Die Wahrnehmung dieser Emotionen und die Konzentration auf einen der Sinne, sind Bestandteile vieler Achtsamkeitsübungen. Konzentration steht dabei im Mittelpunkt. Sich beispielsweise auf den Hörsinn zu fokussieren und diesen dann achtsam zu verfolgen, klingt nach einer leichten Übung, die jedoch den meisten schwerer fällt, als man annehmen möchte.

Denn ständig sind wir Reizen ausgesetzt, die uns ablenken. Oder unser Geist ist so aktiv, dass wir an alle möglichen Dinge denken und große Mühe haben, konzentriert bei einer Sache zu sein.

Das Fokussieren üben heißt also, dass wir unsere Aufmerksamkeit und Gedanken zurückführen zu dem, was eigentlich im Mittelpunkt unserer Beachtung stand, bevor wir uns haben ablenken lassen. Unsere Sinne helfen uns bei diesem Training.

Zum Beispiel können wir uns auf das konzentrieren, was wir hören, was wir sehen oder auf das, was wir fühlen, so wie die folgenden Übungen, die am Ende wiederum kostenlos als Download zu Verfügung stehen.


Achtsamkeitsübung 4: Füße spüren

Diese Übung können die Kinder sitzend oder stehen ausüben, in jedem Falle jedoch barfuß (oder zumindest auf Socken), da das Empfinden so umso größer und damit auch die Sinneswahrnehmung. Wie bei Karteikarte 1, dem „Ohren spitzen“, bietet sich auch hier die Benutzung einer Eieruhr/eines Timers an. Den Kindern ist vorab schon klar, dass es sich um eine kurze Dauer handelt und das Ende der Übung wird dann durch ein akustisches Signal angezeigt. Ich benutze für solche Übungen gerne die Online Stopwatch. Eine Timer-Funktion und noch viele Tools bietet der Classroomscreen. Falls ihr eine interaktive Tafel habt, sind ist diese Seiten sehr nützlich. Einen Beitrag dazu findet ihr hier.

 

Beim „Füße spüren“ richten die Kinder also all ihre Aufmerksamkeit auf ihre Füße. Sie spüren den Untergrund, auf dem sie stehen. Ist dieser weich, hart, kalt, warm, feucht (z. B. bei Gras) …? Die Übung lässt sich im Sommer prima draußen durchführen. Vielleicht gibt es eine Wiese oder einen Sandkasten in der Nähe der Schule oder sogar auf dem Schulgelände?

Zu jeder Jahreszeit kann die Übung auch in den Sportunterricht integriert werden, beispielsweise als Abschluss der Stunde. Die Kinder können dort mal auf dem Hallenboden oder auch auf Matten stehen.

Wenn ihr die Übung im Klassenverbund durchführt, dann leitet ihr die Kinder an, indem ihr ihnen Fragen stellt, die sie für sich stumm beantworten können:

  • Fühlen sich deine Füße schwer oder leicht an?
  • Angespannt oder entspannt?
  • Wenn du mehr Gewicht auf deine Zehen gibt, wie verändert sich das Gefühl?
  • Was wenn du dein Gewicht auf die Fersen verlagerst?
  • Werden deine Füße vielleicht wärmer?
  • Beobachte das Gefühl deiner beiden Füße genau. Verankere dich dann wieder mit dem Boden und stehe stabil auf beiden Füßen und spüre nach.

Hilfreich ist es, die Augen dabei geschlossen zu halten, um weniger abgelenkt zu werden. Diese Übung ist für Kinder mit motorischer Unruhe ebenfalls ein gutes Training, um mal still und ruhig zu stehen.

Wenn ihr die Übung im Klassenraum zwischendurch durchführt, dann können Ihre Kinder auch zu dieser Übung wieder einen Eintrag in ihr Achtsamkeitstagebuch schreiben.


Achtsamkeitsübung 5: Spiegel-Hände

Diese Übung ist eine Partnerübung. Je nach Durchführung können die Kinder also einen Partner selbst wählen oder ihr lasst das Los entscheiden. Ich empfehle ersteres, da man bei Übungen mit Körperkontakt sensibel bezüglich der Partnerwahl vorgehen sollte. Auch zu dieser Übung empfehle ich den Einsatz eines Timers. Die Kinder setzen sich ihrem Partner gegenüber, auf Stühlen oder (im Schneidersitz) auf den Boden. Um gerade jetzt im Winter die Hände aufzuwärmen, können die Kinder vor Beginn der Übung ihre beiden Handflächen aneinander rubbeln oder diese auf den Oberschenkeln reiben. Dann legen sie ihre Handflächen aneinander. Sie sollen sich anschauen, aber nicht miteinander reden. Ein Kind führt nun die Hände, beispielsweise nach oben, unten, seitwärts – wie es mag. Der Partner spiegelt dabei die Bewegung des anderen, führt also exakt die gleiche Bewegung durch.

Je langsamer die Übung ausgeführt wird, desto einfacher ist sie natürlich und umso besser kann man sich auf das konzentrieren, was man spürt. Nach ein paar Minuten wird gewechselt, sodass das andere Kind die Führung übernimmt. Der Wechsel soll allerdings ohne Worte stattfinden! Nachdem jeder einmal die Führung hatte, kann nun mit dem Wechsel experimentiert werden. Können die Kinder den Kontakt weiterhin zueinander halten? Vollzieht sich dieser Wechsel vielleicht mit Leichtigkeit, ohne dass der Kontakt abbricht und indem er fließend in die Bewegungen übergeht? Dabei soll die Aufmerksamkeit ganz auf die Hände gerichtet sein.

Natürlich können die Kinder auch zu dieser Übung wieder einen Eintrag in ihr Achtsamkeitstagebuch schreiben.

Zwei Kinder beim Ausführen der Achtsamkeitsübung Spiegel-Hände


Achtsamkeitsübung 6: Rücken-an-Rücken-Atmung

Bei dieser Übung liegt die Aufmerksamkeit nun auf der Atmung. Die Kinder finden sich zu zweit zusammen und setzen sich Rücken an Rücken zueinander. Hier würde ich, wie bei den Spiegel-Händen, empfehlen, dass die Kinder sich selbst einen Partner auswählen dürfen. Gerne können die Kinder sich in den Schneidersitz setzen. Achten Sie dabei auf eine aufrechte Sitzposition (gerader Rücken), sodass möglichst viel Rückenfläche mit der des Partners in Kontakt ist.

Die Kinder nehmen ein paar tiefe Atemzüge (Bauchatmung) und schließen dann ihre Augen. Bei jeder Atmung spüren die Kinder nach, wie beim Einatmen der Bauch ganz rund und beim Ausatmen wieder flach wird. Hilfreich, um sich auf den Atem zu konzentrieren, kann es sein, wenn die Atemzüge still bis zehn gezählt werden – eins beim Einatmen, zwei beim Ausatmen usw. Nach 10 beginnen die Kinder dann wieder von neuem.

Franz beim Ausführen der Achtsamkeitsübung: Rücken-an-Rücken-Atmung

Auch hierbei könnt ihr die Kinder wieder leiten, indem ihr leise Fragen stellt:

  • Was spürst du (noch)?
  • Wie fühlt sich dein Körper an?
  • Vielleicht etwas verkrampft, angespannt, fühlt sich irgendeine Stelle sogar unangenehm an?

Es geht darum, einfach nur die Gefühle/Empfindungen wahrzunehmen und darum, nichts zu bewerten.

Als Nächstes versuchen die Kinder, die leichten, durchs Atmen verursachten Bewegungen ihres Partners zu spüren. Ohne zu reden versuchen die Kinder sich der Atmung des Partners anzupassen, sodass beide zusammen ein- und ausatmen. Die Konzentration liegt also jetzt auf der gemeinsamen Atmung und darauf, mit dem Partner in Kontakt zu bleiben.

Reflektiert im Anschluss zur Übung:

  • Wie fühlen ihr euch nach der kurzen, gemeinsamen Atemmeditation?
  • Etwas ruhiger? Vielleicht müder? Wacher? Ausgeglichener?

Die Empfindungen (vorher/nachher) können die Kinder wieder notieren.


Ich sehe die Achtsamkeitsübungen als Bereicherung für meine Gruppe. Zwischendurch sich nur mal ganz auf sich zu konzentrieren, mal runter zu fahren, ist genau das, was viele Kinder heute brauchen und wofür sonst so wenig Zeit in dem strikt getakteten Schulalltag bleibt.

Über Feedback freue ich mich ebenso wie, wenn die eine oder andere Übung Einzug in euren Unterricht gefunden hat. Im nächsten Beitrag gibt es drei weitere Übungen, die nochmal die Sinne mit einbeziehen, sowie Übungen zur Konzentration. Ich wünsche euch eine schöne Adventszeit und ein besinnliches Weihnachtsfest. Bis im neuen Jahr. Seid achtsam!

Herzlichst eure Vanessa Thiel


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