Stress in der Vorweihnachtszeit
Die Wochen vor Weihnachten sind für viele von uns besonders turbulent: Klassenarbeiten, Projekte, Adventsfeiern – und dazwischen die Vorfreude (oder auch der Stress), alles noch rechtzeitig zu schaffen. Gerade in dieser Zeit kann Achtsamkeit zu einem wertvollen Anker werden – ein kleiner Gegenpol zum allgegenwärtigen Trubel. Denn die Vorweihnachtszeit lädt nicht nur zum Feiern ein, sondern auch zum Innehalten, Zurückblicken und Danke sagen.
Im Blogbeitrag „Jahresrückblick: Zeit, um uns selbst auf die Schulter zu klopfen!“ beschreibt Martina Schmidt, wie sie zum Jahresende in Ruhe zurückschaut – und zwar mit drei „Brillen“ auf das zurückliegende Jahr:
- Stärken-Brille
- Dankbarkeits-Brille
- Wachstums-Brille
Ich möchte mit diesem Beitrag genau an diese Gedanken anknüpfen – und besonders auf die Dankbarkeitsbrille fokussieren: Wie wir in der Vorweihnachtszeit mit unseren Schülerinnen und Schülern eine Dankbarkeitsübung gestalten können, die zugleich verbindet, aufwertet und das Jahr mit positiven Impulsen abschließt.

Achtsam zurückblicken – was war dieses Jahr gut?
Achtsamkeit beginnt mit Wahrnehmung. Und manchmal ist der erste Schritt, überhaupt wahrzunehmen, wie viel in einem Jahr passiert ist. Für Kinder (und ehrlich gesagt auch für uns Erwachsene) vergeht die Schulzeit oft so schnell, dass wir gar nicht richtig merken, was wir alles geschafft, gelernt und erlebt haben. Wenn wir uns Zeit nehmen, den Blick bewusst zurückzulenken, öffnen wir eine Tür zu Dankbarkeit. Im Trubel der Vorweihnachtszeit kann das bedeuten: innehalten, tief durchatmen – und sich fragen:
Wofür war ich in diesem Jahr dankbar? Was war in diesem Jahr schön für mich?
Welche Begegnungen, Momente oder kleinen Dinge haben mir gutgetan?
Wann habe ich mich wohlgefühlt, stolz, geborgen oder fröhlich gefühlt?
Diese und ähnliche Fragen schaffen Raum für leise, ehrliche Gedanken – und für ein warmes Gefühl, das wir in der Hektik des Alltags leicht übersehen. Denn Dankbarkeit zu üben ist für Kinder weit mehr als eine nette Geste – es ist eine wichtige Grundlage für ihr emotionales und soziales Lernen. Wer früh lernt, das Gute wahrzunehmen, entwickelt ein stabileres Selbstwertgefühl und mehr Empathie für andere.

Eine einfache Idee für den Unterricht: Das Dankbarkeitsbüchlein
Die nachfolgende Übung lässt sich wunderbar im Klassenverband umsetzen – sie braucht kaum Vorbereitung, hat aber oft eine große Wirkung. Ich möchte sie euch in verschiedenen Varianten vorstellen:
Mein Favorit:
- Jedes Kind bekommt die Kopiervorlagen für das Büchlein „Dafür bin ich in diesem Jahr dankbar …“
- Anschließend haben die Kinder Zeit, in Ruhe drei (oder mehr) Dinge aufzuschreiben, für die sie dankbar sind.
Das können große oder kleine Dinge sein – von „Meine Familie“, „Meine beste Freundin“, „Mein Zuhause“ bis zu „Das gemeinsame Spiel in der Pause“.
- Jede Seite wird gestaltet und dann zu einem Büchlein zusammengeklebt. Je nach Klassenstufe sollen die Kinder natürlich dazu aufgefordert werden, ganze Sätze zu schreiben.
- Zum Abschluss und/oder in der nächsten Stunde können die Kinder ihr Büchlein vorlesen und präsentieren.
Variante 1 Der Achtsamkeits-Adventskalender
Die Büchlein werden vor der Adventszeit erstellt (ideal zu Erntedank/Thanksgiving) und dann in der Adventszeit vorgelesen. An jedem Tag wird ein Kind gezogen, das ein Adventskalendertürchen öffnet und dann im Anschluss sein Dankbarkeitsbüchlein vorliest. Das lässt sich z.B. ideal mit meinem Achtsamkeits-Adventskalender verbinden.

Variante 2 Das Dankbarkeitsglas
Die Ideen der Kinder werden auf einfachen Notizzetteln festgehalten und in einem „Dankbarkeitsglas“ (oder -box) gesammelt. Auch möglich ist es, jeden Tag im Dezember die Kinder eine Sache aufschreiben zu lassen, in das Glas zu stecken und zu sehen, wie die Dankbarkeit im Verlauf des Monats wächst.
Am letzten Schultag vor den Ferien kann daraus vorgelesen werden – ein schöner Moment der Gemeinschaft und des Rückblicks.

Variante 3 Die Dankbarkeitswand
Wenn man den Platz hat, wäre auch eine Pinnwand im Klassenzimmer toll, auf der jede Woche neue „Dankbarkeitsmomente“ hängen. Dies lässt sich vielleicht für eine gewisse Zeit gestalten, um für das Thema zu sensibilisieren.
Variante 4 Das Dankbarkeitsritual
In meinem Morgenkreis wird dies immer wieder aufgegriffen. Jedes Kind aus der Klasse darf eine Sache nennen, für die er oder sie dankbar ist. Das Thema hatte ich sehr groß im 2. Schuljahr aufgegriffen und daher wird dies immer wieder aufgenommen. Es bietet sich natürlich auch als Wochenabschlussritual an.
Warum Dankbarkeit uns guttut
Zahlreiche Studien zeigen: Menschen, die regelmäßig Dankbarkeit üben, fühlen sich ausgeglichener, optimistischer und resilienter. Im schulischen Kontext bedeutet das: Kinder, die Dankbarkeit erleben, entwickeln oft mehr Empathie, weniger Stress und ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl. Doch jenseits aller Wissenschaft steckt darin vor allem eine einfache Wahrheit: Wenn wir Dankbarkeit praktizieren, verändern wir unseren Blick auf die Welt. Wir entdecken das Gute im Kleinen, das Wertvolle im Gewohnten – und das ist gerade in der Vorweihnachtszeit ein Geschenk, das wir uns selbst machen können.
Zum Jahresende dürfen wir uns alle daran erinnern, dass Dankbarkeit keine Pflichtübung ist, sondern eine Haltung. Sie entsteht, wenn wir aufhören, nur zu rennen, und beginnen, bewusst wahrzunehmen, was schon da ist. Vielleicht ist das der schönste Vorsatz, den wir uns (und unseren Schüler:innen) mitgeben können:
Mehr sehen. Mehr spüren. Mehr danken.
In diesem Sinne: eine achtsame, dankbare und friedliche Vorweihnachtszeit!
Dieser Beitrag ist Teil meiner Achtsamkeitsreihe auf dem Zebrafanclub. In den bisherigen Artikeln habe ich unter anderem gezeigt, wie Achtsamkeit im Schulalltag erlebbar wird – durch kleine Übungen, Rituale und bewusste Pausen – und eine Achtsamkeitskartei für euch erstellt. Vielleicht packt euch das Thema ja und ihr möchtet es mit eurer Klasse intensivieren.
Weitere Impulse und Ideen aus dem Schulalltag teile ich übrigens auch auf meinem Instagram-Kanal: @miss_thiel
Kommt gut in die Vorweihnachtszeit,
herzlichst,
eure Vanessa


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